Abhängigkeit

Vor einiger Zeit habe ich wieder einmal ein schönes Zitat gehört, und zwar bei den Black Sweet Stories. Das ist „ein Vorlesepodcast der düsteren Art“, wie es auf der Website heißt. Bei der betreffenden Geschichte „Venus im Pelz“ geht es um den Ursprung des Masochismus. Der Autor, Leopold von Sacher-Masoch, entwirft die vertraglich vereinbarte Demütigung eines Mannes durch seine Geliebte: Er wird von ihr als Sklave gehalten. („Masoch“ kam mir beim ersten Hören gleich schon so bekannt vor.) In Teil 5 finden sich die ersten beiden Verse, Google verriet mir danach, dass dazu noch ein weiterer gehört:

Nun alle Schatten dunkeln
Und Stern auf Stern erwacht
Welch Hauch der heißen Sehnsucht
Flutet durch die Nacht

Durch das Meer der Träume
Steuert ohne Ruh
Steuert meine Seele
Deiner Seele zu

Die sich dir ergeben,
Nimm sie ganz dahin!
Ach, du weißt, daß nimmer
Ich mein eigen bin.

Das Zitat stammt von Emanuel von Geibel. Er wuchs in der gleichen Zeit auf wie Leopold von Sacher-Masoch (~ 1820 – 1900).

Geht es nur mir so? Ich lese die ersten beiden Verse und denke „was für eine schöne Liebe“. Beim Einschlafen an den Partner zu denken, vielleicht sogar an- oder erregt, und sich im Traum zu treffen – eine schöne Vorstellung. Aber plötzlich dann, im dritten Vers, kommt so eine rabiate Kehrtwendung… wobei es eigentlich mehr eine Zusatzinformation ist, mit der man (ich) irgendwie nicht rechnet.

Also da ist, um bei der „Venus im Pelz“ zu bleiben, dieser Mann, Severin. Er steht ziemlich auf seine Geliebte, Wanda. Doch nicht genug damit, dass er sich abends ziemlich romantischen Phantasien hingibt, nein, für ihn gehört die Erniedrigung dazu. Nicht mehr sein eigener Herr – mit anderen Worten freiwillig versklavt – zu sein. Für Mitte des 19. Jahrhunderts ist eine das ja wohl eine recht moderne Denkweise. Wie kommt der Autor bloß auf so eine Idee?

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert