Auf der Suche nach Freiheit

Im Buch »Ketala« von Fatou Diome bin ich auf folgendes Zitat gestoßen:

Freiheit, Freiheit, o süßes Wort in aller Munde. Leicht zu verlangen, schwer zu erlangen, so ist die Freiheit. […] Verzicht, Schmerz und Kampf sind die Lianenstränge, die zur Freiheit führen. Um sie zu erreichen, muß man sich mutig über den Abgrund wagen. Wer den freien Fall fürchtet, klammert sich an den Baum des Bereuens. Freiheit ist kein gemachtes Nest, sondern eine wilde Liane, die dich trägt oder fallen läßt. Dieser Ungewissheit ziehen viele das sichere Mittelmaß vor.

Freiheit als Gut, für das man kämpfen muss? Dem stimme ich teilweise zu. Wer in Deutschland geboren wird, muss sich seine Freiheit in aller Regel nicht erst erarbeiten, dafür bietet dieses Land ein bereits gut gepolstertes, warmes Nest. Jedoch: Das ist wahrlich nicht überall auf unserem Globus so, um das zu erfahren, braucht man nur wahllos irgendeine Tageszeitung aufzuschlagen.

Aber da gibt es ja noch die innere Freiheit. Sie ist von der körperlichen unabhängig: So kann sich ein Mensch in physischer Gefangenschaft freier fühlen als zum Beispiel ein Büromensch der westlichen Welt. Aus dem inneren Gefängnis auszubrechen, braucht Mut, Verzicht und den Willen zu kämpfen – und das enttäuschende Ergebnis ist zuerst einmal Schmerz. Getreu dem altbackenen Spruch, dass beim Hobeln nun einmal Späne fallen, ist das Bohren eines richtig dicken Brettes eben nicht mit der bloßen Entscheidung erledigt, es zu tun. (Hier winken bitte einmal alle jetzt schon verworfenen Neujahrsvorsätze in die Kamera.)

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Erst, wer die Liane ergreift, sich festklammert und abstößt, der wird sich nach einem wilden Flug durch den Dschungel erst beim nächsten Halt wieder sammeln können. Wo bin ich? Hat es sich gelohnt? Kann und will ich zurück? Oder möchte ich nach der nächsten Liane greifen und sofort weitermachen?

»Das erstaunliche Leben des Walter Mitty« erzählt die Geschichte eines dieser Leben. Walter hat einen 9-to-5-Job, ist Single und ziemlich langweilig. Er weiß das zwar selbst am besten, sieht aber keine Möglichkeit, das zu ändern. Bis er eines Tages eher zufällig doch eine Chance bekommt und sie ergreift. Sein Wille ist erst zaghaft und die Reise voller Zweifel, aber recht schnell verselbstständigt sich die Fahrt und Aufhören ist keine Option mehr.

Ein ruhiger, bildgewaltiger Film mit einer starken und ebenso wahren Nachricht. Traust du dich und lässt das Alte hinter dir, dann gibt es kein Zurück – aber das willst du auch gar nicht mehr. Nichtsdestotrotz schmerzt so ein Wechsel, nicht nur für einen selbst, sondern auch für all das, was zurück bleiben muss. Aber so ist das Leben, es ist ein Dickicht aus starren Bäumen, wackeligen Aussichtsplattformen, biegsamen Ästen und viel losem Blattwerk.

Es bleibt zu wünschen, dass sich jeder dann und wann eine Liane greift und den Weg ins Ungewisse wagt.

Foto: condesign/pixabay

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