WMDEDGT – 5. Februar 2025

„Was machst du eigentlich den ganzen Tag“, kurz #wmdedgt, ist eine Idee von Frau Brüllen zur Förderung der Kultur des Tagebuchbloggens und findet an jedem 5. eines Monats statt.

Morgens dudelt das Radio und irgendein Politiker wird zu irgendwelchen Gefängnissen interviewt, die irgendjemand anderes bauen lassen will, wenn ich das richtig verstanden habe. Egal. Vielleicht gründe ich mal einen Radiosender, der ausschließlich positive Nachrichten bringt. Auch und insbesondere zu klassischen Aufstehzeiten. Wieso gibt es sowas noch nicht?!

Der Tag beginnt langsam. Ich bin neuerdings Fan von bitterer Orangenmarmelade, also dem, was früher im Englischunterricht als „marmelade“ [ˈmɑːrməleɪd] bezeichnet wurde, während das, was wir hierzulande als süße Marmelade kennen, als „jam“ [dʒæm] in meinem Vokabelgedächtnis gespeichert ist. Zu der Zeit, in der ich das lernte, hasste ich bittere Orangenmarmelade abgrundtief. Ab und zu kauften wir sie versehentlich und es war eine fürchterliche Überraschung, in ein Brot mit nur vermeintlich süßem Aufstrich zu beißen. Aber nun – Geschmäcker ändern sich. Heute finde ich das Zeug toll und bin noch auf der Suche nach meiner Lieblingsmarke. Auch der Kaffee ist stark, wenigstens einer von uns. Gähn.

Bei der Arbeit geht’s träge zu, das kann man gut finden und es passt auch zu dem Nebel überm Rheintal, der sich den ganzen Tag hartnäckig halten wird. Die Software, für die ich Support mache, bekommt morgens ein geplantes Update und ist danach wie üblich erstmal etwas träge. Ich stelle mir vor, wie im Rechenzentrum ein paar Lüfter schneller surren, während Indizierungsprozesse laufen, ich gleichzeitig verschiedene Tests durchführe und ab und zu die Seite neu lade, weil ich nicht genug Geduld habe. Vielleicht grummeln die Lüfter deswegen sogar etwas genervt. Es scheint, dass das Update keine Bugs hatte, schön schön. Ich schreibe einen „Was in dieser Version neu ist“-Beitrag: nicht viel. Ist mir recht.

Vor der Mittagspause eine Besprechung, man will wissen, wie dieses und jenes funktioniert und ich soll‘s erklären. Dafür muss ich sowas wie wach und anwesend sein, oder es zumindest für alle Beteiligten vortäuschen, inklusive mir selbst. Das klappt überraschend gut und dann ist auch schon Pause.

Es gibt Joghurt mit Apfel und den Blogbeitrag „Growing up Nerd“ von Real Virtuality. Gefällt mir gut, wie Alexander das Aufwachsen in den 80ern und 90ern beschreibt, verbunden mit dem Gefühl, ein Nerd zu sein, und wie dieses Bild sich mit der Zeit wandelte.

Ich muss irgendwann eingesehen haben, dass ich eigentlich nicht wirklich ein Nerd war, auch wenn ich mich oft so fühlte. Deswegen bin ich zu gegebener Zeit zur Selbstbezeichnung “Geek” umgeschwenkt, die weniger nach programmierten Taschenrechnern und Hosenträgern roch, und mehr nach popkulturellem Spezialwissen und extrovertierten kulturellen Kapital schmeckte. Geeks würden auch niemals als Hauptdarsteller in der romantischen Komödie des Lebens gecastet werden, aber ihre Macht war vielleicht sogar eine größere: Sie hatten höchstwahrscheinlich das Drehbuch dazu geschrieben.

Zwischendurch werfe ich kurz die PlayStation an, damit sie zwei kleine Spiele herunterladen kann, die ich morgens im Angebot gekauft habe. Den Walkingsimulator Gone Home und den Jump ’n’ Run (?) Spiritfarer, ich freu mich drauf. Die Konsole möchte gern ständig im Ruhemodus sein und könnte neue Spiele und Updates dann zwar selbstständig herunterladen, aber das gönne ich ihr nicht, weil ich vermute, dass das unnötig Strom braucht. Ich kann auch ab und zu einen Knopf drücken.

Zurück am Schreibtisch stehen einige letzte Update-Tests an – keine besonderen Vorkommnisse – und eine längere Mail an eine abwesende Kollegin mit Infos, die sie braucht, wenn sie demnächst wieder kommt. Als ich mich einem vor einiger Zeit aufgetretenen Fehler auf einer angeschlossenen Seite widmen will, stelle ich fest: der besteht nicht mehr. Bugs verschwinden in der Regel nicht von allein, also musste er mit einem anderen Fehler zusammenhängen, der neulich gefixt wurde. Umso besser, Haken dran. Ich feiere das mit einem etwas zu frühen Feierabend, dafür ist Gleitzeit schließlich da.

Ein Blick aus dem Fenster lässt mich müde und unwillige Grummelgeräusche machen. Diese, nichts für ungut, schottischen Wetterverhältnisse sind wirklich nicht motivierend. Die Couch sieht gemütlich aus (wenn sie könnte, würde sie auffordernde und gemütliche Grummelgeräusche machen) und meine schlaue Uhr wird später einen ausgezeichneten Tiefschlaf notiert haben. Selbst die schleudernde und ich-bin-fertig-piepsende Waschmaschine kann daran nichts ändern.

Beim Aufwachen eine schöne Überraschung: die Krankenkasse hat gemailt. (Dass ich jemals diesen Satz schreiben würde, ha! Jedenfalls:) Im Weihnachtsurlaub in Spanien wurde ich krank und bekomme die Kosten für die Ärztin und für die Medikamente abzüglich der Eigenbeteiligung erstattet. Das hatte ich gehofft, aber nicht erwartet.

Die Handykamera hat viel rausgeholt aus dem Foto, es war in Wirklichkeit düsterer
Die Handykamera hat viel rausgeholt aus dem Foto, es war in Wirklichkeit düsterer

Ich habe zu lange gewartet, und beim Spaziergang wird es schon dunkel. Das wäre kein Problem, hätte ich mich nicht spontan für eine lange Runde entschieden, deren Matschwege neulich schön fest gefroren waren. Inzwischen ist das alles aufgetaut und so wackele ich stellenweise unsicher auf Feldwegen und meine Turnschuhe machen quietsch-quotsch im Matsch. Es ist ein bisschen lustig. Zum Glück kann ich im Dunkeln das volle Ausmaß des Drecks nicht sehen, nur so viel: Auch die Hose muss gewaschen werden.

Zurück zu Hause dann Abendprogramm: Wäsche aufhängen (ohje, die hat doch vorhin schon geschleudert!), Spülmaschine, Essen, lalala. Vielleicht fange ich gleich das eine oder das andere neue Spiel an. Aber erstmal das hier veröffentlichen.

Wie ich das innere Spielkind erziehe, oder: Zeitfresser begrenzen

Aktuell habe ich 282 Apps auf dem iPhone. Ab und zu gehe ich die Liste durch und lösche ein paar, darunter übrigens auch immer welche, an die ich mich nicht einmal mehr erinnern kann. Müsste ich die Apps aus dem Kopf aufzählen, würden mir keinesfalls alle einfallen. Erinnern könnte ich mich aber auf jeden Fall an einige Spiele, zwei-drei soziale Medien und diverse Lese-Apps.

Was ich bei Büchern ganz wunderbar finde und mir sogar wünsche, ist bei den sozialen Medien und Spielen oft absichtlich eingebaut: Zeitdiebstahl. Ich finde das in Ordnung, damit geht im besten Fall ja auch ein gewisses Entertainment einher und ich öffne die App schließlich, um mich unterhalten zu lassen. Allerdings sollte das auch ein Ende haben können.

Manche Apps, allen voran TikTok, haben das „nur noch dieses eine, dann mach ich Schluss“ perfektioniert. Aber auch vergleichsweise harmlose Spiele wie Stardew Valley & Co. können das ganz großartig: Da spielt man bis zum Ende des in-game-Tages, aber am nächsten Morgen regnet es und darauf habe ich schließlich gewartet, weil ein Besuch in der Mine überfällig ist, also spiele ich weiter. Am Morgen darauf ist das Gemüse erntereif, am nächsten will ich die Einkünfte sehen… you get the point.

Dieser nie versiegende Flow ist ein guter Grund, solche Apps zu löschen. Das Problem ist: Ich mag sie und fände es schade, mich so zu begrenzen.

Seit einer Weile nutze ich deshalb eine ins iPhone eingebaute Funktion: die Bildschirmzeit. Eigentlich ist sie dafür gemacht, dass Eltern die Bildschirmzeit ihrer Kinder begrenzen und/oder überwachen können, aber man kann sie auch wunderbar in solchen Fällen einsetzen. Es ist nämlich möglich, für einzelne Apps (oder auch für ganze App-Kategorien) tägliche Nutzungslimits festzulegen. Für Spiele und Apps, an denen ich, wenn ich sie einmal öffne, stundenlang hänge, trage ich da ein Limit ein.

Und so passiert es, dass ich nach 25 Minuten TikTok-Scrollerei einen Hinweis bekomme, dass in 5 Minuten Schluss sein wird. Läuft die Zeit ab, wird die App mit einem entsprechenden Hinweis geschlossen und kann den Rest des Tages nicht mehr geöffnet werden.

Natürlich kann ich „bei den Eltern“, also bei mir selbst, um mehr Zeit bitten. Dafür muss ich den Bildschirmzeit-Code eingeben, der nicht der iPhone-Entsperrcode ist. Das alles ist eine Hürde, die genügt, mich aus dem Nirwana zu holen und nachdenken zu lassen: ist es okay, wenn ich weiter mache? An manchen Tagen gönne ich mir das (und schalte die App vielleicht sogar für den Rest des Tages komplett frei, yeah, herrliches Nichtstun), in den meisten Fällen reicht’s mir aber und ich vertraue darauf, dass mein früheres Ich es gut mit mir meint.

Und das tut es auch. Danach fühle ich mich nämlich, wie wenn ich bei McDonalds nach einem Burger aufgehört habe zu essen. Da stelle ich auch fest: Ach schau, ich bin ja schon satt.

Das war der Januar 2025

Wenige Stunden vor dem Jahreswechsel trank ich einen Espresso. Also endete das Jahr mit einer nicht allzu schlauen Idee, denn ich lag zwar gegen 2 Uhr im Bett, konnte aber bis halb acht nicht schlafen. Statt Däumchen drehend abzuwarten, las ich und schrieb Tagebuch, es gibt Schlimmeres.

Der Januar hieß mich danach nicht Willkommen. Erst bekam ich Verspannungen aus der Hölle, danach Augenmigräne und schlussendlich hatten wir auch noch einen Unfall, das beschäftigte mich alles länger. Eines Abends holte ich mir spontan beim Imbiss am Baumarkt eine Portion Currywurst mit Pommes und natürlich dick Mayonnaise. Das Zeug schmeckte so gut, dass ich für einen Moment mit der Welt im Reinen war.

Ein paar Tage später lag hier auf dem Berg schön Schnee und die Sonne schien. Die Luft war eisig und kristallklar, und unter den Schuhen knirschte es. Herrlich!

Was hier aussieht wie Sonnenuntergang, war in Wirklichkeit strahlend hell.
Was hier aussieht wie Sonnenuntergang, war in Wirklichkeit strahlend hell.

Was anderes: Mittagsschlaf. Ich finde, der wird in unserer Gesellschaft nicht ausreichend gewürdigt. Es geht meiner Meinung nach wenig über eine entspannte Ruhezeit irgendwann zwischen Aufstehen und Abendessen. Als eine Kollegin neulich sagte, sie wolle ein Stündchen nicht gestört werden, weil sie kurz schlafen müsste, machte ich große Augen. Erstens aus Bewunderung, zweitens weil ich logistische Fragen hatte. (Hat sie eine Hängematte? Eine Yogamatte? Oder lehnt sie sich einfach auf den Tisch?) Die Option auf Mittagsruhe sollte ein Standard sein. Ich praktiziere das oft zu Hause und finde es unglaublich erholsam.

Passend zur Mittagsruhe war ich im Januar wieder in einem alte-Leute-Café. So ein enges, überhitztes Etablissement, in dem es Sahnetorte, Käffchen und Pralinen gibt. Und das am Wochenende zwischen 12 und 16 Uhr bis auf den letzten Platz ausgebucht ist. Dieses hier hatte auch noch ein 30-jähriges Jubiläum zu feiern und es gab Sekt und Blümchen. Och. Und davor oder danach ein Schläfchen!

Anderntags ein Moment, den ich ganz sicher so nie wieder erleben werde: Als ich einen Schritt vom Flur ins Wohnzimmer machte und dabei zufällig aus dem Balkonfenster sah, schwebte ein Heliumballon direkt vor dem Fenster in die Höhe. Eine Sekunde war er nur sichtbar. Ich musste lächeln.

Ansonsten merke ich die Frühjahrsallergie anklopfen und bin darüber wenig begeistert. Können wir bis April vorspulen, bitte?