Was passiert, wenn man nicht mehr schlafen kann, eine ganze Nacht, oder zwei oder sogar drei? Die Frage stellt sich Tamar Noort und gibt das Problem an ihre zwei Hauptpersonen weiter, die in „Der Schlaf der Anderen“ unter Schlaflosigkeit leiden.
Die eine, Sina, ist Lehrerin und durch den Schlafentzug fast nicht mehr in der Lage, zu arbeiten und ihr tägliches Leben zu gestalten. Da sie drauf und dran ist, eine Abhängigkeit von Schlaftabletten zu entwickeln, schickt ihr Arzt sie in ein Schlaflabor. Dort arbeitet die andere Hauptperson, Janis. Ihr Job ist es, die Patientinnen und Patienten zu überwachen. Da das natürlich nachts ansteht, ist ihr Tag- und Nachtrhythmus durcheinander geraten und auch sie schläft nicht mehr konsequent.
Zwei völlig übernächtigte Personen begegnen sich in einem Krankenhaustrakt, der bis auf das Zimmer mit dem Bett und den Raum mit den Überwachungsmonitoren ungenutzt ist. Die beiden freunden sich überraschend an, denn es wird auch in dieser konkreten Nacht nicht sehr viel geschlafen. Es schließt sich eine Art Roadmovie ohne Auto an, eine auf eine gute Art und Weise verrückte Passage des Buches.
Sina und Janis stehen in völlig verschiedenen Lebenssituationen vor einem identischen Problem: Sie haben sich verfahren, stehen in einer Sackgasse, sind entgleist, wie auch immer man es ausdrücken möchte. Ob der fehlende Schlaf für ihre Probleme sorgt oder ob er lediglich ein Symptom ist, werden die beiden herausfinden. Von vornherein klar ist, dass sie zur Ruhe kommen müssen. Ohne es zu merken, stoßen sie bei der jeweils anderen einen Prozess des Umdenkens an, der möglicherweise dafür sorgen kann.
Das Buch ist aus drei Sichtweisen geschrieben: Aus Sinas und Janis‘ Sicht sowie aus einer auktorialen Perspektive. Mich hat es bis zum Ende gestört, dass der Text mal in der ersten, mal in der dritten Person geschrieben ist, der Sinn dahinter hat sich mir nicht erschlossen. Die Aufgaben der beiden Figuren, die Rückbesinnung und die Verfolgung ihrer eigenen Wünsche und Ziele, sind zwar nicht neu, mit dem Bild des fehlenden Schlafes aber gut umgesetzt. Nachvollziehbar ist das obendrein, denn müde sind wir alle mal. Gut gefallen hat mir, wie sich Traum und Wirklichkeit manchmal überschneiden.
Ein angenehm und locker zu lesendes Buch, das am Anfang etwas zu träge ist. Was, das ist klar, zur müden Gesamtsituation passt.
Der Schlaf der Anderen
Tamar Noort
ISBN 978-3-644-02062-7
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