April ist Allergiezeit. Ich habe vergessen, ob ich es schon schrieb, aber dieses Jahr war sie bei mir viel schlimmer als im vergangenen Jahr. Unter Betroffenen geht das Gerücht um, das sei immer so: Ein Jahr fies, eins weniger schlimm. Nun scheint die intensivste Zeit mit bleierner Müdigkeit vorbei zu sein, und wenn ich die Tagebucheinträge von April durchgehe, scheint es, als wäre ich den ganzen Monat über ganz langsam wieder aufgewacht.
Was war noch? Beim Sport bin ich fast in Ohnmacht gefallen. Man soll ja seine Grenzen kennen, gell, aber als mir flau wurde und ich Sterne sah, war mir klar: da habe ich sie wohl überschritten. Der Trainer lud mich danach auf eine Cola und ein paar Kekse ein, um die Lebensgeister zurückzurufen. „Fallen hier eigentlich öfter Leute um?“, fragte ich noch etwas zittrig, und er lachte nur. „Klar, ab und zu.“ Gute Güte. Ich will eigentlich nicht dazu gehören. Später stellte ich fest, dass ich den Tag über viel zu wenig gegessen hatte – Anfängerfehler.
Dann war ich noch bei einem kleinen Konzert Kameramann. Mein äußerst professionelles Equipment: iPhone und Dreifuß. Nachdem ich in den 2000ern öfter schlechte Erfahrungen mit einem VHS-Camcorder in größeren Räumen gemacht hatte (okayes Bild, sehr schlechter Ton), hatte ich keine Erwartungen. Aber das Ergebnis konnte sich sehen lassen! Wer hätte gedacht, dass die Mikrofontechnik in den vergangenen 25 Jahren Fortschritte machen würde?
Apropos Konzert: Ich war auch Gast bei einem. Kokubu ist eine Truppe japanischer Trommlerinnen und Trommler, die den ganzen Saal zum Vibrieren brachten. Nicht nur durch die äußerst eindrucksvollen Trommeln, eine davon so groß, dass man darin schlafen könnte, und wenn sie dran kam, merkte man jeden Schlag im eigenen Brustkorb, sondern auch, weil diese Leute extrem fit und hübsch anzusehen sind.
Mensch, ich war ja viel unterwegs. An einem Samstag traf ich nämlich den lieben C. von Alltägliches + Ausgedachtes. Wie er neulich schrieb, haben wir uns zuletzt vor dreizehn Jahren gesehen und da wir beide in Bonn wohnen, ist es fast ein Wunder, dass wir uns in der Zeit nicht zufällig über den Weg gelaufen sind. Nach so einer langen Zeit gibt es viel aufzuholen, wenngleich C. einer von zwei Menschen ist, mit denen ich ab und zu auch Briefe oder Karten schreibe. Eine schöne Tradition ist das. Wir quatschten und tratschten und verabredeten, das nächste Mal den Bonner Touristenbus auszuprobieren. Lerne deine Heimat kennen, das wird bestimmt lustig.
Zwischendurch versuchte ich mich das erste Mal an einem Sauerteigbrot. Dafür setzte ich den Starter selbst an, das fand auf Mastodon Anklang.
Gärhard blubberte in Rekordzeit und eines Nachts sogar aus seinem Glas, also wurde er gebacken. Da Hefe mit mir bekanntlich Stress hat (nicht anders herum), ging das Brot selbst natürlich überhaupt nicht auf und blieb, sagen wir, reichlich kompakt. Aber das Experiment muss wiederholt werden. Zeit für Teil 2 hatte ich indes nicht, denn ich musste schon wieder verreisen, diesmal nach Brüssel.
Und zwar über die Ostertage. Belgien, das war bisher wie Hefe und ich: es lief nicht gut. Bislang dachte ich, Belgien sei hässlich und nur dazu da, durch es hindurchzufahren, um in ein anderes Land zu kommen. Nach diesem Urlaub muss ich sagen: falsch, ganz falsch. Brüssel ist an vielen Stellen sehr schön, insbesondere natürlich die weitläufige Innenstadt. Aber auch entferntere Stadtteile haben Flair (wir übernachteten in Etterbeek) und sind durch die vielen Restaurants, Cafés, Lädchen, Boutiques und Märkte ständig lebhaft. Das kenne ich aus dem Bonner Süden so leider nicht. Was ich hier allerdings auch nicht erlebe, sind Einschusslöcher in Haustüren, es war nicht alles schön.



Als Ende April dann die Sonne wieder raus kam, ging es eines Samstags den grün-moosigen Balkonsteinen an den Kragen: ein vom Baumarkt gemieteter Hochdruckreiniger, ein Gartenschlauch und ein Stündchen später glänzte alles wie neu, also wurde auch gleich die Balkongrillsaison eingeläutet. Ich fürchte nur, die Nachbarn müssen jetzt mal ihre Fenster putzen. An dem Samstag machte ich ein ganz besonderes Foto:

Besonders ist das Foto nicht etwa wegen der Kunst fragwürdigen Geschmacks, sondern wegen weniger Menschen. Hier ist es normalerweise immer voll. Wie das geht? Sei vor 10 Uhr in den Innenstadt, da hat die Hälfte der Läden noch zu. Immerhin das haben wir mit Belgien gemeinsam.
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