Ein amüsanter Monatsanfang: Unter einem „Belastungs-EKG“ hatte ich mir ein EKG unter, naja, Belastung vorgestellt. Die kam auch, nur anders als erwartet. Zunächst war man verwirrt, dass ich überhaupt einen Termin für ein Belastungs-EKG hatte. Dann stürzte der Server ab und ich saß fertig verkabelt eine Weile nutzlos auf dem Rad herum. Irgendwann sollte ich los strampeln, entgegen der Erwartung blieb das Rad aber in der einfachsten Schwierigkeitsstufe. Arzthelferin 1 suchte verwundert auf dem Bildschirm nach Gründen, während Arzthelferin 2 mir mit einem Tisch-Blutdruckgerät alle paar Sekunden den Arm quetschen ließ und die Werte weitergab. Erst die hinzugerufene Arzthelferin 3 brachte die Lösung: „Ihr müsst hier unten auf Start drücken.“ Wir lachten alle. Als nach etwas überzogener Verkabelungszeit die Saugnäpfe von meiner Brust fielen, staunte das anwesende Praxispersonal nicht schlecht, denn jeder einzelne hatte einen imposanten, roten Ring hinterlassen, die Hälfte außerdem große Blasen. „Das haben wir ja noch nie gesehen!“ Die hinzugezogene Ärztin diagnostizierte eine Allergie. Inzwischen ist ein Monat vergangen und die Ringe verblassen. Ach so: Das Herz ist in Ordnung.
Ist man eitel, wenn man sich die Haare färbt? Meine haben vor 15 Jahren begonnen, grau zu werden, und ich fragte mich seither, wie es denn aussähe, wenn ich dagegen etwas täte. Nur: Ich bin viel zu faul, regelmäßig beim Frisör nachfärben zu lassen, will auch nicht in die gefährliche Färbespirale kommen, es ist mir obendrein zu teuer und überhaupt – sollen sie doch grau sein, wenn sie wollen. Nun erfuhr ich von einem Tönungs- oder Färbeshampoo oder wie auch immer es sich nennt. Man färbt damit jedenfalls die Haare beim täglichen Duschen Stück für Stück und das ist etwas, das ich gerne mal ausprobiere. Nach drei Tagen sah ich einen Effekt, beeindruckend. Mal sehen, ob ich dabei bleibe, der Test läuft noch.
Mit frisch getönten (oder gefärbten) Haaren saß ich dann am Tisch und räumte meine Backups auf. Es ist aber auch kompliziert: Der Einsatz mehrerer Cloud-Dienste, sowohl eigener als auch fremder, sowie mehrerer externer und gleichwohl ziemlich alter Festplatten, hatte einen unübersichtlichen Datenbestand hinterlassen. Inakzeptabel, finde ich. Ich besorgte mir darum eine neue, sehr große externe Festplatte und kopierte in mehreren Sitzungen tagelang alle Dateien von hier, da und dort auf das Ding. In der Hoffnung, diese Sicherung niemals zu benötigen. (Wer das liest, möge sich gern angesprochen fühlen, die eigenen Backups zu überprüfen und ggf. zu aktualisieren.)
Nach längerer Zeit habe ich außerdem mal wieder ein Puzzle beendet. Es ist sehr niedlich gezeichnet, ein Dutzend Pandas bei der Feldarbeit, im Hintergrund Berge. 500 Teile, einfach, hatte ich gedacht, aber au contraire, ich brauchte mehrere Tage dafür. Da traf es sich gut, dass ich ein 28-stündiges Hörbuch zu hören hatte, eine Laufzeit, bei der man sich zurecht fragen kann, warum da nicht mehrere Hörbücher (also auch mehrere Bücher) draus gemacht wurden.
Überhaupt: Bücher. In diesem Monat spielte ich in der Freizeit viel weniger und las bzw. hörte mehr, schön, auch wenn Arthur Morgan mich bestimmt vermisst. (Wem das nichts sagt, macht nichts. Wem das was sagt: Morning, Mister!). Ich beendete jedenfalls:
- Es geht noch ein Zug von der Gare du Nord von Fred Vargas
- Die kleine Bäckerei am Strandweg von Jenny Colgan
- Die Glasglocke von Sylvia Plath
- Schwarzer Mond über Soho von Ben Aaronovitch
- Erste Hilfe von Mariana Leky
- Morgen und Abend von Jon Fosse
- Iron Flame – Flammengeküsst von Rebecca Yarros (das lange Hörbuch)
- Wie ich fälschte, log und Gutes tat von Thomas Klupp
- Bunburry Teil 10, Der Heilige Sünder von Helena Marchmont
- Minigolf Paradiso von Alexandra Tobor
Zurzeit lese ich „The Tender Bar“ von J. R. Moehringer, und auch wenn ich es bald schon beenden werde, kann ich nicht sagen, was mich an dem Schmöker fasziniert. Nun, es ist fast egal, Hauptsache, ein Buch hält einen so fest wie dieses es bei mir kann.
Apropos Festhalten: Eines meiner Kuscheltiere kam mit halb abgerissenem Kopf aus der Waschmaschine. Leo Löwe kam vor über 25 Jahren zu mir, als ich gerade im Krankenhaus lag, und darum stand für mich jetzt fest: Der Kopf muss wieder dran. Ich kann überhaupt nicht gut nähen, die Schneiderei an der Ecke sollte trotzdem nur Option 2 bleiben. Ich machte mich mit dem sogenannten Matratzenstich vertraut, auch Leiterstich oder gar Zaubernaht genannt, und flickte das Tier. Leo blieb bei der Operation die Ruhe selbst, ich war hingegen reichlich nervös. Gut, dass ich nicht im OP stehe.
Eine andere Handarbeit bestand in der Erstellung eines Buchs. Oder eher, eines „Buchs“. Nach jeder Therapiestunde schreibe ich auf, worum es darin ging, welche Erkenntnisse und Fragen aufkamen und ob ich Hausaufgaben aufbekommen habe. Neulich dachte ich mir: „Hey, du hast so eine tolle Software fürs Erstellen von Blogbeiträgen und ebooks, warum nicht mal alle Zusammenfassungen hintereinander stellen?“ Ziel der Übung: Einen roten Faden erkennen, der mir im täglichen Leben vielleicht entgeht. Als ich davon erzählte, wollte meine Therapeutin das Büchlein auch gern lesen und vermutete, es sei ja wohl nicht länger als 30 Seiten. Da kennt sie mich aber schlecht, ich werde ihr 150 mitbringen. Mal vom Inhalt abgesehen: Es fühlt sich toll an, so viele Seiten Selbstgeschriebenes schön formatiert in einem Hefter in der Hand zu halten.
Ende Juni verfolgte ich das dritte Jahr den Bachmannpreis. Der Bachmannpreis, das ist so ein Mittelding aus Germany’s Next Topmodel und Eurovision Song Contest, nur für Literatur, mit mehr Gehirn und weniger Nacktheit. Bauchfrei gab es diesmal zwar auch, erwähnenswert nur, weil der Bauchfreiträger darüber einen dicken Pulli trug, bei über 30 Grad, aber ich schweife ab. Das Besondere bei diesem Literaturpreis ist, dass die Autor:innen ihre Texte selbst präsentieren und die anschließende Jurydiskussion nicht nur vor Publikum im Studio, sondern auch live im Fernsehen bei 3sat übertragen wird. Da braucht man schon Mut, sich mit einem Text dorthin zu wagen. Mein Favorit Kay Matter gewann leider nicht, darum hier ein kleiner Shoutout. Alle Portraits, Texte, Lesungen und Jurydiskussionen sind auf der Website des Bachmannpreises abrufbar, darunter so einige Perlen.
Schreiben ist Sprechen, nur schweigend.
– Fatima Khan
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