Zu dem Buch kam ich durch eine Empfehlung des Kaffeehaussitzers und bin ganz froh, dass ich es gelesen habe. Wie er schreibt, ist das Buch ziemlich still. Es geht darin um „ein Tal am Ende der Welt“, jedenfalls von mir aus betrachtet. Viel Natur und Wetter, es gibt einige Schafe und eine Handvoll Menschen. Jeder dieser Menschen hat eine eigene Geschichte, eigene Gedanken, Gefühle und Sorgen.
In diesem Buch wird von all dem erzählt. Ruhig, aus verschiedenen Perspektiven, mit wenigen Höhepunkten und scheinbar ohne Ziel. Falls es eines gibt, ist es an mir vorbei gegangen, aber schlimm finde ich das nicht. Das Buch setzt einfach irgendwo ein, bringt ein paar lose Enden zusammen, stellt neue Themen vor und endet dann, ohne alle Fragen zu beantworten. Sehr lebensnah. Es geht zum Beispiel ums Elternsein:
Mit das Schwierigste beim Elternsein war es, dachte sie, in den eigenen Kindern Unzufriedenheit wachsen zu sehen. […] Es gab eine Zeit, da sie geglaubt hatte, dieses Gefühl würde eines Tages schwächer werden. Dass die mütterliche Sorge nicht mehr ihre Gedanken ausfüllen oder sie nachts wach halten würde. Aber so funktionierte es nicht. Als aus ihren Kindern Erwachsene wurden, erkannte sie einfach, dass sie ihnen weniger helfen konnte und sich deshalb noch mehr Sorgen machte.
Und um Beziehungen:
Dieser solide, sichere Mann wirkte in ihrer Gegenwart zunehmend nervös und verlegen. Wann immer es ging, mied er den Blickkontakt, und wenn sie einander anschauten, dann blinzelte er und zeigte ein schiefes Lächeln, das wie eine Entschuldigung an seinen Mundwinkeln flackerte.
Dieses Lächeln, dachte Mary Jahre später, war so ziemlich das Schönste, was sie in ihrem Leben je gesehen hatte. Es war der Anblick eines Mannes, den seine eigenen Gefühle aus der Fassung brachten, der verwirrt war, weil etwas möglich schien, was er nie zu erwarten gewagt hatte. Als sie schließlich den ersten Schritt machte, war es, als würde sie sich über die Reling beugen und einem im Ozean treibenden Mann die Hand reichen.
Um Genuss:
Im Garten Kaffee zu trinken ist eine der Annehmlichkeiten des Lebens.
Und um die großen Fragen des Lebens:
Wir sind alle jemand. Auch wenn wir nicht wissen, wer.
Die Leute in dem Tal sind mir trotzdem nicht ausreichend ans Herz gewachsen, das finde ich ein wenig schade. Sie sprechen auf eine eigenartig distanzierte Art miteinander, das kann an der Übersetzung liegen oder Absicht sein, um raue Menschen in einer rauen Welt zu zeigen. Aber die große Heldin des Buchs ist ohnehin die Landschaft, verbunden mit dem Wetter und den Schafen. So macht das Buch Lust auf eine Reise nach Schottland – es könnte schlimmer sein.
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