“Into the Wild“: Einfach mal alles anders machen

18. Mai 2025 · 2 Kommentare

Ich habe „Into the Wild“ gesehen und der Film hat mich nachdenken lassen: Einfach alles hinter sich zu lassen sieht in Hollywoodfilmen einfach aus, vielleicht sogar verlockend, aber das ist es ganz bestimmt gar nicht.

Während der Corona-Pandemie konnte ich knapp anderthalb Jahre von zu Hause arbeiten. Die Zeit war, auch wegen der anderen gesellschaftlichen Einschränkungen, für mich eine der entspanntesten überhaupt.

So ist das eben bei eher introvertierten Menschen, beizeiten wird uns alles zu viel. Manchmal kommt dann der Gedanke, alles hinzuwerfen und woanders neu zu beginnen. Besitz und Geld spielen keine Rolle mehr. Ich arbeite wann und wo ich möchte, schlafe wo es eben geht und lebe als freier Mensch dort, wo ich will. Für mich ist das eine doppelt atemberaubende Vorstellung: Solch ein Leben brächte zwar die größtmögliche Freiheit mit sich, ich könnte vollständig selbstbestimmt leben. Gleichzeitig wäre ich aber auch Gefahren ausgesetzt, die ich nur erahnen kann: Hunger, Wetter, Krankheiten. Deswegen und aus tausend anderen Gründen würde ich es eben doch nie machen.

Christopher McCandless hätte diese Effekte der Pandemie wohl sehr Willkommen geheißen. Seine Geschichte wird im Film Into the Wild nacherzählt: Christopher ist dort ein Mensch, der es durchgezogen hat. Er ist ein junger Mann, lebt in den USA und denkt anders als seine Altersgenossen. Er beendet zwar das Studium mit Bestnoten und könnte an einer der teuersten Universitäten anfangen – finanziell wäre das auch kein Problem. Aber Christopher plant im Stillen etwas anderes. Bald nach der Abschlusszeremonie der Uni steigt er in sein Auto und fährt einfach los. Er spendet sein komplettes Erspartes an eine soziale Organisation, nennt sich ab sofort Alexander Supertramp und beginnt ein Leben außerhalb vorgetretener Pfade. Er steigt also aus dem Leben aus, das die Gesellschaft vorgibt. Einfach so. Denn er glaubt, dass man zum Glücklichsein nicht die Gesellschaft anderer Menschen braucht, sondern die Einsamkeit.

Für Christopher, oder genauer gesagt jetzt Alexander, beginnt damit eine Reise durch die Staaten und von Erkenntnis zu Erkenntnis. Er stellt fest, dass es Menschen gibt, die so denken wie er. Da wäre zum Beispiel das Hippie-Pärchen, das mit ihrem Wohnwagen von Ort zu Ort reist und ganz ähnlich frei sein möchte wie er. Oder der Mann, der wegen eines Unglücksfalls alleine und zurückgezogen in seiner Wohnung lebt. Auch die beiden jungen Leute aus Schweden, völlig aufgedrehte Menschen – sie alle wollen entweder eine Auszeit vom Alltag oder sogar nie wieder dorthin zurückkehren. Alexander lernt auch, dass die Natur viele erstaunliche und schöne Dinge bereit hält, wenn man nur Augen und Ohren offen hält. Und er erfährt, was es heißt, hungrig zu sein.

Ganz sicher ist sich aber auch Alexander nicht in seinem Tun. Sein Traum ist es, Alaska zu erreichen und in der Wildnis zu leben. In einer Zeit, in der er bei einem Bauern beim Mähen aushilft, lernt er, wie man Tiere häutet und fachgerecht ausnimmt. Er lernt Schießen, legt sich auch ein Gewehr zu, und wird durch die körperliche Arbeit fitter. Irgendwann bricht er mit etwas Lohn in der Tasche und einem großen Wanderrucksack nach Norden auf.

Der Film beruht auf einer wahren Begebenheit und erzählt die Geschichte dieses jungen Mannes. Interessant finde ich die Diskussionen und Recherchen rund um den echten „Alexander Supertramp“, den aus der Wirklichkeit. Wenn er auch einige beeindruckende Menschen traf und viele lehrreiche Situationen ganz allein erlebte: Am Ende ging sein Plan nicht auf. Denn in seinem Tagebuch steht die Erkenntnis, dass man nur glücklich wird, wenn man das Glück mit anderen Menschen teilen kann.

Und hier schließt sich der Kreis, denn so erging es mir nach dem Ende der Lockdowns ebenfalls. Als ich wieder ins Büro musste, stellte ich überrascht fest: diese ganzen Leute außerhalb eines Bildschirms zu sehen war sehr schön.


2 Antworten

  1. Denke ich darüber nach, wie ‚Into the Wild‘ ausgeht, ist diese radikale Zivilisationsflucht vielleicht doch nicht die Beste aller Ideen, oder?


    1. Thomas

      Das ist ein weiterer der tausend Gründe, weshalb ich das nie machen würde. Denn… also ich wäre auch in der Lage, relativ nah zur Zivilisation und wegen unzureichender Kenntnisse einfach zu verhungern. Tollpatsch!


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