Mein „pile of shame“, also der Stapel der Schande, ist zurzeit sechs Bücher hoch, davon sind drei Hörbücher und drei eBooks. Ich bin ganz zufrieden damit, dass ich keine große Zahl gekaufter, aber noch ungelesener Bücher herumliegen habe, egal ob digital oder physisch. Ich versuche, Bücher nur dann zu kaufen, wenn ich sie auch lesen werde. Oder sie zumindest anfangen werde, den. bei manchen Werken stellt sich ja erst weit nach der Leseprobe heraus, dass sie nicht passen.
Mein Vorgehen ist also: Buch kaufen, auf den Stapel legen, es demnächst lesen bzw. hören, und wenn der Stapel klein genug ist, gehe ich wieder auf Shoppingtour. Darauf freue ich mich immer ganz besonders.
Der negative Begriff „pile of shame“ deutet an, dass das Ziel ist, ihn möglichst klein zu halten, oder anders herum, dass man sich immer schlechter zu fühlen hat, je größer er wird. Dabei halte ich gar nichts von negativer Motivation! Michael von mkln.org hat zwei andere Begriffe gefunden, die positiver sind und den Gedanken dahinter erweitern.
Alternativen
Es gibt nämlich Menschen, die sich gerne Bücher ins Regal stellen, um sich mit ihnen zu umgeben. Denen geht es nicht darum, die Bücher alle zu lesen – vielleicht einige davon – sondern darum, sie lesen zu wollen. Leseanreize, wohin man sieht. Michael beschreibt das nicht nur in Bezug auf Bücher:
Ich habe weder mehrere hundert offene Tabs, noch mehrere hundert ungelesene Bücher jemals als Problem angesehen. Ganz im Gegenteil. Sie waren und sind stete Motivation und Freude, mich bei nächster Gelegenheit mit alledem zu beschäftigen, was ich während meines Browsings im Web, dem Durchscrollen im Newsreader oder den Besuchen bei den Bücherläden meines Vertrauens gefunden und zur weiteren Begutachtung gesammelt habe.
Diese Sammlung könne man als Antibibliothek bezeichnen. Schöne Idee! Bezogen aufs Lesen sehe ich eine kleine oder auch große private Bibliothek vor mir, schränkeweise Bücher, gemütliche Sitz- und Liegemöbel und eine allgegenwärtige Lese- und damit auch Entwicklungsmotivation. Entwicklung? Ja, sagt bigthink.com. Eine Studie habe herausgefunden,
that children who grew up in homes with between 80 and 350 books showed improved literacy, numeracy, and information communication technology skills as adults. Exposure to books, the researchers suggested, boosts these cognitive abilities by making reading a part of life’s routines and habits.
So, und weil der Begriff Antibibliothek durch das Anti auch negativ ist, gibt es ein weiteres, vollkommen neutrales Wort: Tsundoku. Dieses japanische Kofferwort bezeichnet wertungslos einen Stapel ungelesener Bücher.
Aber… eBooks!
Wie auch immer man diese Türme oder Regalmeter am Ende aber nennt, die Überlegungen und Studien beziehen sich doch wohl immer auf Papierbücher. Wo bleibe ich mit meinen eBooks und Hörbüchern? In meiner Wohnung stehen eher zufällig auch Bücher im Regal, in den meisten Fällen Relikte aus Jahren ohne eBooks und noch mit anderen inhaltlichen Vorlieben. Gäbe es hier Kinder und Jugendliche, die zum Lesen animiert und denen die oben zitierten verbesserten Fähigkeiten und Vorteile eingepflanzt werden sollten – wie ginge das?
Die digitalen Bücher liegen als Dateien in einem Ordner auf dem Server herum und sehen allenfalls in der Verwaltungssoftware ganz nett aus. Ich freue mich darüber, dass ich sie dort beliebig umsortieren kann, aber das bringt weder fiktiven Jugendlichen noch mir selbst den genannten Effekt ein, mehr und mehr lesen zu wollen.
Ich will kein Problem herbeireden. Auch ohne eine anfassbare Bibliothek habe ich Lust zu lesen. Ein bisschen fuchst es mich aber, dass ich den beschriebenen Effekt vermutlich nicht mitnehmen kann. Vielleicht muss ich Pappschachteln mit den Buchcovern bekleben und sie ins Regal stellen…
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