Sprengungen: Auf Knopfdruck Bumm

Feuer, Feuerwerk und Explosionen faszinieren mich schon seit der Kindheit. Über den Tag, an dem ich Pyrotechniker sein durfte, habe ich hier schon berichtet.

Ein anderes Erlebnis dieser Kategorie ist mir ebenfalls gut in Erinnerung geblieben. Dabei wurde zwar auch eine Menge Sprengstoff verwendet, aber nicht aus Gründen des Entertainments. Für die ICE-Trasse, die seinerzeit in meiner Gegend gebaut wurde, musste eine Brücke im Nachbarort weichen.

Solche Sprengungen benötigen sehr viel Planung. Insbesondere wenn in direkter Umgebung Menschen wohnen, wird es aufwändig. So eine Situation gab es erst kürzlich hier in Bonn: Ein Gebäude mitten in einer Wohngegend musste gesprengt werden. Bei solchen Veranstaltungen kann viel schief gehen, insbesondere, wenn das Objekt nicht in die richtige Richtung fällt. Es lief aber alles wie geschmiert.

Aus solchen Events wird dann auch schnell ein kleines Volksfest. Das war damals bei der Brücke auch so. Leider gab es seinerzeit keine Drohnen, nicht mal ein Foto haben wir gemacht.

Obwohl es nur eine kleine Brücke war – zwei besondere Erinnerungen habe ich daran. Erstens: Die Brücke führte über die Autobahn A3. Als Kinder hatten wir unzählige Male den Autos gewunken und gejubelt, wenn die Menschen zurück winkten. (Einmal hatte sogar ein Motorradfahrer gewunken und mit der anderen Hand weiter gelenkt. Das fand ich beeindruckend.) Für vier Stunden wurde dieser Abschnitt der A3 nun aber gesperrt. So leise war es hier seit Jahrzehnten nicht gewesen! Zur zweiten Erinnerung komme ich gleich.

Nun standen wir da also mit vielen anderen Schaulustigen – wo eigentlich? Natürlich auf der neuen Brücke, die ein wenig weiter weg errichtet worden war. Pünktlich hatte man sich versammelt. Mein Bruder hatte seinen Motorroller geschnappt und war mit mir dorthin gefahren. Nun standen wir ganz vorn am Geländer und schauten über die leere Autobahn zu unserer alten Brücke. Einige Menschen liefen herum, taten scheinbar nichts. Eine ganze Weile geschah auch nicht viel. Man unterhielt sich, irgendwann versammelten sich die Menschen außer Sichtweite.

Bis dann plötzlich durch laute Signale die Sprengung angekündigt wurde. Wir Schaulustigen starrten gebannt auf die Brücke. Mit einem Mal flogen Staub und Gesteinsbrocken auf ganzer Länge von der Brücke nach oben, es sah aus wie ein umgekehrter Wasserfall. Aber wir hörten nichts. Gerade, als ich meinen großen Bruder fragen wollte, wo der Ton bliebe, kam er bei uns an. Zusammen mit einer Druckwelle, die uns die Hosenbeine flattern ließ. Alle Zuschauer waren erstaunt über Lärm und Druck, es gab ein kollektives „Ooooh!“.

Die Brücke war derweil in sich zusammen gefallen. Das jedenfalls war anzunehmen, denn alles war in eine dicke Staubwolke gehüllt, die sich nur langsam lichtete. Wir konnten es bald erkennen: nur größere und kleine Brocken waren übrig geblieben. Ein voller Erfolg. Wir applaudierten, obwohl das sicher niemand außer uns hören konnte.

Nun zur zweiten besonderen Erinnerung an diesen Tag: Es wurde Zeit für den Aufbruch. Mein Bruder warf den Roller an und fuhr uns nach Hause. Auf dem Heimweg rief er immer wieder etwas, aber durch die Helme konnte ich nichts verstehen. Erst zu Hause wurde klar: Der Tacho des kleinen Rollers hatte seinen Geist aufgegeben. Ob das wohl durch die Druckwelle passiert sein mochte? Wir wissen es nicht, aber es ist ziemlich unwahrscheinlich. Ich weigere mich jedoch standhaft, eine andere Erklärung zuzulassen und möchte glauben, dass diese Sprengung dafür verantwortlich war.

Früher war einfach alles besser.

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