Von Trübsal keine Spur

In den letzten Wochen und Monaten habe ich nicht viel geschrieben. Das heißt nicht, dass ich nichts erlebt hätte, im Gegenteil, es ist eher anders herum, wie bei einem Urlaub: Hört man von den Reisenden nichts, ist alles in Ordnung und sie genießen die Zeit in vollen Zügen. Was ja übrigens eine etwas missverständliche Formulierung ist, denn ich persönlich habe zwar erst selten in aus- oder überbuchten Zügen sitzen oder – mit etwas Pech – stehen müssen, aber genossen habe ich das bislang noch nie. Wie dem auch sei: Manchmal hält das Leben eben andere Dinge bereit als Zeit und Muße, einen schönen Text hinschreiben zu können.

Ein Beispiel dafür ist der Frühling. Bei vielen Menschen Auslöser emotionaler und hormoneller Luftsprünge, stellt er für mich statt dem Zieleinlauf ins Sommerglück eher die letzte Hürde dar: Ja, ich bin bekennender Allergiker in der wohl häufigsten Form: Frühblüher verwirren seit Jahren mein Immunsystem und da ich mich in vielen Dingen als Spätzünder bezeichne, wundert es mich nicht, dass auch mein Körper immer noch nicht verstanden hat, dass die kleinen Pollen nichts Böses im Schilde führen. Ich sehe es ihm zwar nach, fühle mich, wenn alle anderen jubelnd die ersten Fahrradtouren im Sonnenschein unternehmen, aber in diesen wenigen Wochen zunehmend ausgelaugt und müde. Denn das ist das Schlimmste: Mit verstopfter Nase schlecht schlafen, um der irren Krankheit am nächsten Tag nicht einmal mehr einen wachen Körper entgegen setzen zu können, auf dass sie sich weiter ausbreite und alles nur noch schlimmer wird.

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Aber ich will mich gar nicht beschweren. Die Pharmaindustrie mag an mir eine goldene Nase verdienen, aber mit dem einen oder anderen Mittelchen lässt sich die Zeit je nach Frühlingsstärke auch ganz gut überbrücken. Wenn ich meinen sturköpfigen, nichtlernenden Körper befrage, scheint es, als wäre das Schlimmste auch überstanden. In solchen Momenten habe ich dann Zeit, kurz unendlich dankbar dafür zu sein, dass ich nur im Frühling (und ein bisschen im Herbst) geplagt bin, dafür aber im Sommer meine Ruhe habe. Denn diejenigen, deren Körper sich gegen Gräser wehren, die bekanntlich vom Spätfrühling* bis zum Spätherbst blühen, haben es deutlich schwerer.

Kein Grund für Trübsal also. Ob das Wetter ein Grund dafür ist, das besprechen wir vielleicht lieber in einem Monat: Dann haben wir vier Wochen mit drei automatisch verkürzten Wochen hinter uns und diejenigen, die zwei Urlaubstage investieren konnten, werden gefühlt mehr oder weniger gar nicht gearbeitet haben.

Ein Monat wie Urlaub. Also, falls die Sonne scheint.


*Ein Wort, das sich zwar selbst aufzuheben scheint, das verwirrenderweise aber dennoch Sinn ergibt.

Foto: Alexandru Tudorache / Unsplash.com

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