Von Zeigern und Ziffern

EDIT: Wer Lust auf eine gemütliche Auseinandersetzung mit der Neuvorstellung der 6er-iPhones und der Apple Watch hat, dem empfehle ich dringend den „Dirty Minutes Left“-Podcast Nummer 106.

«Heute kaufe ich mir ein Fitness-Armand!» So und ähnlich dachte ich oft in den vergangenen Monaten – und ich war damit sicherlich nicht alleine. Zu verführerisch ist der Reiz des neuen, hippen Gadgets, mit dem sich nebenbei auch noch die eigene Fitness verfolgen lässt. Wenn man denn möchte. Trotzdem kam es glücklicherweise nie dazu. Denn vor kurzem hat Apple sein neuestes Baby vorgestellt, die Apple Watch.

Will man das?
Apple polarisiert. Seit Jahren. Und ganz besonders bei der Vorstellung neuer Geräte. Ich bezeichne mich nicht als «Apple-Jünger», weil ich niemanden bekehren möchte – jeder soll bitte mit seiner Vorliebe glücklich werden. Letztlich möchte jede Firma, ob es nun Apple, Google, Samsung, LG oder Tante Emma mit ihrem gleichnamigen Laden ist, ein bestimmtes Ziel vorrangig erreichen: Gewinnmaximierung. Deshalb ist die Frage, ob man die Apple Watch will oder nicht, von jedem für sich und nur für sich selbst zu beantworten. Meine Antwort: Ich will eine.

Braucht man das?
Eine Uhr am Handgelenk ist ja nun keine neue Erfindung. Ob Smartwatches wohl den Markt neu beleben können? Wobei, braucht der Markt überhaupt eine Wiederbelebung? xkcd hat das in einem Comic auf den Punkt gebracht:

Klar, diese Uhr hat einige Funktionen, die neu sind. Sie reagiert nicht nur binär auf Touch und Nicht-Touch sondern unterscheidet beim Berühren zwischen «ein bisschen Druck» und «ein bisschen mehr Druck». Neu sind auch viele Designs sowie ein völlig umgestalteter Vibrationsalarm, der irgendwie auch «links» und «rechts» vibrieren kann, um mir als Fußgänger den Weg zu weisen. Das ist alles klasse, aber ist es auch nötig?

Ganz einfach: Es ist wie damals bei den Tablets. Gebraucht hat die niemand ernsthaft, aber sobald man sich dran gewöhnt hatte, kam man auch nicht mehr davon los. Inzwischen ist der Tablet-Markt gesättigt, es ist normal, damit im Café zu sitzen, manche trauen sich sogar, damit Fotos zu machen, obwohl das unfassbar bescheuert aussieht. Und die Uhren? Die braucht streng genommen auch niemand. Aber ich traue Apple genug Weitblick zu, um auch diesmal aufs richtige Pferd gesetzt zu haben (denn wie beim iPad sind sie ja auch bei der Apple Watch nicht der Erfinder des Rads sondern springen nur auf den bereits fahrenden Zug auf). Das hieße, dass Smartwatches in wenigen Jahren so natürlich und alltäglich sind wie heute die Tablets – übrigens war es mit Smartphones vor einigen Jahren auch nicht anders.

Kann das was?
Nun aber vom Allgemeinen zum Speziellen. Die Apple Watch, die neulich vorgestellt wurde. Ist die gut? Ich saß – das erste Mal übrigens – am Abend der Vorstellung pünktlich um 19 Uhr vor dem Fernseher, ausgerüstet mit genug Süßigkeiten für zwei Stunden, voller Spannung… und dann hing der Livestream fast durchgängig, die wenigen Momente mit Bewegtbild waren dann auch noch mit japanischer Übersetzung und Originalton doppelt unterlegt. Pustekuchen also, der Abend fiel mehr oder weniger ins Wasser, aber es gibt ja YouTube und so konnte ich mit einem Tag Verspätung die Vorstellung doch noch komplett schauen. Fazit: Begeisterung (Videolink unten).

Und weil ich dann so begeistert war, schaute ich mir spaßeshalber noch die Vorstellung des ersten iPhones an. Was muss Steve Jobs aufgeregt gewesen sein! (Videolink ebenfalls unten.)

Während ich diese Präsentation sah und mich daran erinnerte, irgendwo gelesen zu haben, dass das Gerät da oben auf der Bühne eigentlich noch nicht vorstellungsreif war und die Vorstellung nur aus purem Glück reibungslos verlief, wuchsen leise Zweifel in mir. Von der heutigen Sicht aus gesehen ist das, was Steve Jobs dort vorstellt, klobig, langsam, schlecht gelayoutet und veraltet. Kein Wunder natürlich, es sind seitdem etliche Jahre vergangen. Aber das allererste iPhone, war auch tatsächlich nicht richtig ausgereift. Die Kinderkrankheiten verließen es erst ab Version 3G und 3GS.

Und das stimmte mich da vor dem Bildschirm dann doch nachdenklich, während Steve Jobs live auf der Bühne bei Starbucks «4.000 Latte to go» bestellte. Die Menge jubelte genau so frenetisch wie bei der Präsentation der Apple Watch. Dabei ist diese Uhr wirklich klobig. Und ziemlich dick.

Darum nochmal: Will man das?
Ich bin mir nicht mehr sicher. Zu Beginn ja, sofort, um jeden Preis. Apropos: Der Mindestpreis von knapp 350 US-Dollar steht fest – wobei das Armband ja sicherlich nicht inbegriffen ist – und ich frage mich, ob ich nicht lieber warte und zwei bis drei Generationen später einsteige, so wie beim iPhone.

Geschadet hat es damals nicht. Schon gar nicht dem Bankkonto.

Präsentation der Apple Watch 2014

Präsentation des ersten iPhones 2007

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