Wie Messenger unser Leben verändern

Dieser Tage habe ich über Messenger und Kurznachrichten nachgedacht. Wir können jederzeit und von nahezu überall Textnachrichten schicken (und lustige Videos natürlich auch). Für die meisten Menschen in meinem Umfeld ist das ganz normal, ich kenne nur sehr wenige, die das nicht nutzen. Dabei ist diese Technik noch gar nicht so alt.

Ich weiß noch: Mein erstes Mobiltelefon hatte einen Prepaid-Tarif und konnte in den ersten Tagen noch keine SMS schicken – die wurden in diesem Bezahlmodell erst eingeführt. Meine erste Kurznachricht ging an mich selbst, für 39 Pfennig, glaube ich. Wenige Jahre später saß ich im Schulbus und tippte ohne hinzuschauen auf dem Gerät herum, mit der neuen T9-Schreibfunktion auch immer schneller. Gerade erst von den Klassenkameradinnnen verabschiedet, mussten wir natürlich den neuesten Tratsch austauschen.

Im Bus, in Freistunden, auf dem Weg zu einem Treffen – ich hatte immer die Möglichkeit, Freunde zu erreichen. Teuer war das, klar, aber dafür steckte die Technik in meiner Hosentasche. Alle Alternativen, also der Computer mit Internet, das Telefon und – ja wirklich – zu Beginn dieser Phase sogar das Fax, waren an ihre jeweiligen Orte gebunden. Wir schrieben uns Blödsinn, tauschten uns über andere in der Klasse aus, verabredeten uns und lernten, uns kurz zu fassen: jedes überzählige Zeichen konnte Kosten für eine weitere SMS bedeuten. Die HDGDL-Zeit war angebrochen.

Zu Hause blieb das Mittel der Wahl immer das Internet – Zugang dazu boten ausschließlich Computer. Auch hier gab es mit der Zeit viele verschiedene Messenger für einen Zweierchat oder auch globale Chaträume. Man traf sich regelmäßig online, sprach mit Wildfremden, tauschte sich aus. Ich bemerkte ein wachsendes Interesse meiner Eltern an diesen anonymen Chats. Aber: Von heute aus betrachtet war das wohl der Moment, an dem sie entschieden, dass diese neue Technik nichts mehr für sie war. Mir selbst ging das übrigens so, als Snapchat aufkam, und dann nochmal bei Clubhouse. Beides interessiert mich einfach nicht.

Es blieb längere Zeit bei Chats auf dem PC und bei SMS unterwegs. Dann kam eines Tages das erste Smartphone, WhatsApp betrat die Bühne und machte die altmodische SMS obsolet. Der Schritt zur permanenten Onlinenutzung war dann nur noch ganz klein, aber er veränderte viel: Das Gefühl der Freiheit war noch da, aber in der Zeit war es schon ganz normal, sich ständig Nachrichten senden zu können. Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und StudiVZ kamen mit eigenen Nachrichten daher und damit begann nun das Ringen um die Aufmerksamkeit der User.

Spätestens hier erreichte das Ganze einen Kipppunkt: Zuerst waren die sozialen Netzwerke und Messenger Produkte gewesen, die sich an die User richteten. Nun drehte der Markt sich um und die User wurden selbst zum Produkt. Seither sind Daten eine Währung.

Die ständige Erreichbarkeit kann zudem zur Belastung werden. Wenn Benachrichtigungen warten, wenn die „ungelesen“-Zahlen an den Apps immer weiter steigen, dann kann einen das unter Druck setzen.

Das damalige Gefühl der Freiheit ist damit nun verschwunden. Es ist normal geworden, manchmal sogar herausfordernd. Während wir früher einfach den Computer nicht einschalteten, können wir heute das Smartphone fast nicht mehr ausgeschaltet lassen. Denn das bedeutet gegebenenfalls auch, auf Musik, Beleuchtung in der Wohnung und den Lieferdienst zu verzichten. Inzwischen ist eine neue Ära mit Fragen nach Moral und Datenschutz angebrochen.

Das Klönen, das Schreiben von unterwegs und das Witzeln, das ist allerdings geblieben. Bei mir zumindest. Mit einigen wenigen Menschen schreibe ich täglich, über alles und nichts. Und ich mag das. Wir reden über das Wetter, Stofftiere, Filme, Politik und die Arbeit, unser Leben.

Die meisten dieser Menschen kenne ich persönlich, manche nicht. Einer dieser Leute kommt aus Brasilien und wir trafen uns neulich in meiner Stadt, als er mal zu Besuch war. Das wäre früher mit der damaligen Technik nicht möglich gewesen. Wir hätten uns schlicht nie kennengelernt. Und dann noch die Kosten für ein Telefonat nach Brasilien, nicht auszudenken!

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