In meiner Gegend gibt es viele Felder und Wiesen, einige davon auch am Hang und mit größtenteils hervorragender Aussicht auf das Siebengebirge. Der ein oder andere Schrebergarten hat hier einen Blick, von dem man innerhalb der eigenen vier Wände nur träumen kann. Auf ein paar der privat genutzten Gartenanlagen stehen kleine Häuschen, meist sind das Bretterverschläge, oft windschief. Häuser aus Stein gibt es nur hier und da.

Auf einer meiner Spaziergangsrouten befindet sich ein großes, abschüssiges Gelände mit einer verwaisten Wiese und alten Bäumen. Mitte 2021 lief dort ein Fuchs herum und ich machte ein Video. Man beachte das verfallene Haus im Hintergrund:

Das Haus war schon damals eindeutig unbewohnt. In einem der Fenster entdeckte ich aber eines Tages einen Schriftzug: HELP! War der schon immer da gewesen? Oder… war er etwa neu?! In den nächsten Monaten und Jahren kam ich immer wieder an dem Haus vorbei und überlegte jedes Mal, was der Grund für einen Hilferuf in einem verlassenen und verfallenen Haus mitten auf den Feldern sein könnte.

Jemand könnte dort Menschen gefangen halten. Jemand könnte sich bei einer Lost Place-Tour einen Spaß erlaubt haben. Jemand könnte dort in einem Rausch Angst entwickelt und wirklich um Hilfe gebeten haben. Jugendliche aus dem Umkreis könnten in das Haus eingebrochen sein und die Spaziergänger ärgern wollen. Spaß oder Ernst?

Vor einigen Monaten war die zugewachsene Einfahrt des Hauses plötzlich mit Flatterband abgesperrt. Irgendwas war da im Gange. Beim nächsten Spaziergang war ein Bauzaun angebracht worden, daran ein Hinweis auf Einsturzgefahr mit „Betreten verboten“-Schriftzug. Soso.

Dieser Tage kam ich wieder an dem Haus vorbei und erkannte schon von weitem den unverkennbaren Geruch von Betonstaub. Vor Ort sah ich die mit Kies aufgefüllte Einfahrt und einen Bagger auf einem Schutthaufen. Das Haus war abgerissen worden. Erstmals konnte ich mich dem nähern, was früher das Gebäude gewesen war.

Warum dieser Hilferuf am Fenster geprangt hatte, werde ich aber wohl nie erfahren.