Das war der April 2024

Äh, was, ist schon wieder ein Monat rum? Haben wir nicht gerade erst keine Silvesterraketen gezündet? Früher war alles langsamer. Und besoffener: Eine Studie hat ergeben, dass Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren immer weniger Alkohol trinken und rauchen. Das ist eine nicht komplett positive Nachricht, weil gleichzeitig der Cannabis-Konsum sowie der Druck, wahrgenommenen Schönheitsnormen zu entsprechen, zunehmen. Irgendwas ist halt immer.

Es besteht kein Zusammenhang zu dieser Studie, aber: Ich mache mich immer über die Häufigkeit lustig, mit der ein regionaler Weinhandel mir Newsletter schickt. Bestellte ich nach jeder Mail Wein, könnte ich das Wasser in dieser Wohnung abstellen lassen. Aber neulich konnte ich mich nicht zurückhalten, der Lieblingswein war im Angebot, und nun stehen hier zwölf Flaschen im Regal. Zwölf. Die reichen vermutlich bis ins nächste Jahr.

Was hat es denn damit auf sich, dass das Gefühl, einen Buchdeckel final zu schließen, so unglaublich gut ist? Selbst wenn der Deckel nur virtuell vorhanden ist, liebe ich es, ein Buch abzuschließen. Insbesondere dann, wenn es mir nicht besonders gut gefiel, tut es gut, das Werk als „beendet“ in der Bücherapp zu vermerken, vor allem aber: neue Bücher zu suchen. Genau, Plural. Für jedes gelesene kommen scheinbar einige neue auf die Wunschliste. Es ist alles ganz wunderbar.

Ebenso wenig erklärlich ist es, wie viel Freude ich daran habe, meine täglich genutzten Apps zu optimieren. Neulich spielte ich mit Erinnerungs-Apps herum und nutzte eine Weile drei gleichzeitig, eine eher anstrengende Zeit.

Kurz danach wechselte ich von der bisher genutzten (Due) zu einer neuen (iPhone-System-App Erinnerungen), mit dem Nebeneffekt, dass die Einkaufszettel-App (Bring!) obsolet wurde, denn die Erinnerungen-App beherrscht diese Aufgabe spielend. Bedeutet: Es wurde plötzlich ein sehr wertvoller Platz auf meinem ersten Homescreen frei. Solche Überraschungen machen mich glücklich.

Eine Überraschung war auch dieser eine Samstag, da herrschten plötzlich 25 Grad mit recht viel Wind und alle Welt spielte Sommer. Natürlich ist das gar nicht gut, im Gegenteil, es zeigt, wie steil es mit uns bergab geht. Ignoriert man diese deprimierende Tatsache, war das ein richtig schöner Tag. Wir machten einen spontanen Besuch in einem neu gebauten Bürohochhaus in Bonn mit überraschend guter Weitsicht aus dem 27. Stock und kehrten danach in einem nahe gelegenen Café ein (für die Bonner: Alter Schwede am Bundeskanzlerplatz).

Nicht nur, dass die Bedienungen allesamt sehr gut aussahen, der ovale Pavillon atmet Geschichte und ist eines der Denkmäler aus der Zeit, in der Bonn gerade Regierungssitz geworden war. 1953 wurde er als Kiosk erbaut, denn an dieser Stelle befanden sich mehrere viel genutzte Haltestellen. Doch es kam anders und in das Gebäude zog nie ein Kiosk ein. Ersatzweise wurde darum das stadtbekannte Bundesbüdchen gebaut, heutzutage ebenfalls denkmalgeschützt. All das recherchierte ich bei extrem leckerem Kuchen – an einem 6. April im T-Shirt, man kann es sich nicht ausdenken. (Also, das mit dem Kuchen schon.)

Anderntags stand ich mit einem Freund in einer Tk Maxx-Filiale zwischen Hundefutter und Bratpfannen, wir zeigten uns gegenseitig die MRT-Bilder unserer Lendenwirbel und versuchten zu ergründen, wer von uns den schlimmeren Bandscheibenvorfall hat. Älterwerden ist fast immer seltsam, manchmal ist es aber auch lustig. Ich kaufte einen Seifenspender.

Apropos Einkaufen: Ich gehe momentan häufiger erst kurz vor Ladenschluss in den kleinen Supermarkt im Dorf, es ergibt sich einfach so. Fast keine Kunden, alle sind für sich und wollen nur zwei-drei Dinge. Einmal kam ich zehn Minuten vor Schlusszeit und vergaß mit Betreten des Geschäfts die Uhr. Ich bummelte herum, hörte mein Hörbuch, schaute hier und da – bis plötzlich jemand rief: „Da ist ja noch ein Kunde!“ Ups. Sie hatten mich übersehen und schon fast dicht gemacht. Mir war das unangenehm, denn sie wollen zurecht immer sehr pünktlich schließen. Als extra für mich die Ladentür nochmal aufgeschlossen werden musste, wurde ich möglicherweise rot.

Ansonsten viel Arbeit. Einmal kam ich morgens im Büroflur an, trug meine dicke Winterjacke, balancierte ein Tütchen mit Süßkram, meinen Laptop, eine Tasche, meinen Büroschlüsselbund – hatte also die Hände voll. Ich sagte links und rechts guten Morgen in die Büros und eine Kollegin verwickelte mich in ein viertelstündiges Gespräch. Mir wurde in der Jacke erst warm, dann heiß, und der Laptop fühlte sich auch immer schwerer an, bald fiel mir zudem der Schlüsselbund auf den Boden. Erst da fiel mir auf: Ich war Frau Pfeifer aus der Versandabteilung!

Mit Videotelefonie sind wir in den vergangenen Jahren vermutlich alle mehr oder weniger stark in Berührung gekommen und sind mehr oder weniger damit zurecht gekommen. Mein Freund und ich haben neulich zusammen zu Abend gegessen, er in Warschau, ich zu Hause, beide vor dem Bildschirm. Das war überraschend angenehm und fühlte sich fast echt an, ich bin nachhaltig verwundert und gleichzeitig angetan. Hier also eine kleine Empfehlung, das in passenden Situationen einfach mal auszuprobieren.

Und gleich noch eine Empfehlung, für alle, die gerne Bücher lesen und darüber schreiben: Kürzlich fand eine Europareise-Challenge per Buch statt, bei der nach festen Regeln Bücher aus verschiedenen europäischen Ländern gelesen werden sollten. Die Auswahl ist natürlich frei und der Zeitraum schon vorbei, aber ich mag die Idee. Alle Infos bei Kleiner Komet.

Ach, Thema Buchauswahl: Kaffeehaussitzer ist die aktualisierte Liste der „100 besten Bücher“ der ZEIT durchgegangen und hat sie jeweils mit persönlichen Lesezuständen kommentiert. Gut ein Dutzend der Werke sagten mir was, zwei oder drei habe ich gelesen, und ganz viele davon möchte ich niemals lesen. Es ist schön, dass die Welt der Literatur so groß ist. Vielleicht verfasse ich eines Tages die Liste der „100 besten Bücher der Schreiblehrling-Redaktion“, bis dahin schaut doch beim Kaffeehaussitzer vorbei.

Im April las ich zwei Bücher, die mich beeindruckten. In „Was man von hier aus sehen kann“ von Mariana Leky stirbt in dem kleinen Dorf immer dann jemand, wenn eine der Protagonistinnen einen bestimmten Traum hat. Und jetzt ist es leider wieder passiert – sie hat ihn geträumt. Der ganze Ort erfährt davon und alle richten sich auf ihr Ende ein. Das Buch fühlt sich sehr direkt an, beim Lesen schaute ich ständig der Ich-Erzählerin über die Schulter. Und obwohl es ein bewegendes Thema ist, kommt die Geschichte völlig ohne Überdramatisierungen und Stress aus. Es geht stattdessen um die vielen Charaktere in diesem familiären Dorf, um Freundschaften und Beziehungen und wie man gerade auf die Menschen achtet, die man weniger mag.

Marianengraben“ von Jasmin Schreiber dreht sich auch um den Tod (ich lese auch andere Themen, wirklich) und ist ähnlich gestrickt, aber doch ganz anders: Eine Studentin hat vor zwei Jahren ihren jungen Bruder verloren und kommt aus ihrer Trauer nicht heraus. Aus völlig absurden Zufällen begibt sie sich auf einen Roadtrip mit einem alten, grummeligen Herrn. Und obwohl das Ende vorherzusehen war, gefiel es mir sehr, wie gut das Thema Sterben, Tod und Vermissen hier rübergebracht wurde. Nämlich mit Tränen und Trauer, klar, aber daneben auch mit viel mehr Witz, Lachen, Sarkasmus, Augenzwinkern und „ist mittlerweile auch schon egal, wir machen das jetzt einfach“. Großartig.

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