Ein Nachmittag am Strand

„Wir sind am Wochenende zum Grillen verabredet“, hatte er vor einigen Tagen verkündet, „meine Kollegen wollen sich am Flussufer treffen.“ Die ersten sonnigen Tage des Jahres und schon sollen wir am Wasser grillen? Da, wo es gern mal windig ist – und abends ziemlich kühl.

Missmutig stehe ich von der Couch auf, während er schon in der Küche herumwuselt. „Mach schon, wir müssen gleich los! Ich bereite noch schnell das Fleisch vor, zieh dich schon mal um und hol die Grillkohle aus dem Keller.“

Ich grummele vor mich hin und schlurfe ins Schlafzimmer. Was soll ich denn überhaupt anziehen? Man weiß ja nicht, wie kalt es werden wird. „Es ist ganz warm draußen!“ ruft er fröhlich aus der Küche. Mein Frostbeulengehabe ist ihm bekannt. Also entscheide ich mich für ein T-Shirt, einen Pulli und eine Jacke – so kann ich mich je nach Wärme weiter aus- oder anziehen.

Als ich mit der Kohle aus dem Keller zurück komme, stehen im Flur zwei riesige Tüten voller Essen, Grillutensilien, Soßen, Tellern, Besteck, Decken und allerlei anderem Kram. Ich verdrehe die Augen. „Wer soll das denn alles tragen?“ Er lächelt mich an und flötet: „In der Küche sind noch zwei Platten Fleisch. Die darfst du nehmen!“

Wir verstauen alles im Auto und machen uns auf den Weg. Während der Fahrt muss ich mir schweigend eingestehen, dass das Wetter doch ganz nett ist. Es gibt zwar einige Wolken, aber mitunter scheint die Sonne richtig schön, es könnte fast Sommer sein. Viele Jogger, Spaziergänger und Fahrradfahrer sind unterwegs. Wir finden noch einen freien Parkplatz und schleppen unser Zeug zum Strand.

Weil wir die ersten von unserer Gruppe sind und nicht allzu viele andere Menschen die Idee hatten, heute zu grillen, können wir uns einen schönen Platz suchen. Es ist sogar eine Stelle frei, an der schon jemand Steine zu einem Grillplatz mit Sitzgelegenheiten zusammengeschoben hat. Wir packen alles aus, schließen einen kleinen Lautsprecher ans Handy an und legen uns auf eine Decke. Die Musik dudelt leise, die Wellen am Ufer säuseln und die Luft ist warm und riecht nach Frühling und Wasser. Ab und zu fährt ein Schiff vorbei, ansonsten ist es still.

Ich schließe die Augen, spüre einen leichten Wind im Gesicht und muss zu meiner eigenen Entrüstung feststellen, dass ich mich entspanne. So hatte ich das nicht vorgehabt. Ich wollte eigentlich hier sitzen, schmollend die Arme verschränken und ständig „ich hab’s doch gesagt“ wiederholen. Außerdem sollte es kalt und windig sein.

Stattdessen muss ich nach ein paar Minuten erst die Jacke und dann sogar den Pullover ausziehen, weil mir zu warm wird. Übrigens nicht, ohne jedes Mal sein stilles Grinsen ertragen zu müssen. Aber er sagt nichts, das ist lieb. Wir liegen nah nebeneinander, spüren die Nähe des anderen und hängen unseren Gedanken nach.

Eine ganze Weile sagt niemand etwas. Schweigend genießen wir den Moment, während die Minuten langsam verstreichen. Kurz bevor ich einschlafe, klingelt aber plötzlich sein Handy. „Hallo? – Ja, wir sind schon da. – Ahso. Kein Problem, ich hole euch ab. – Ja, wartet da.“ Er legt auf. „Kannst du schon mal den Grill anmachen? Die anderen sind gleich hier.“

Während ich mich am Feuer zu schaffen mache, begleitet er die Neuankömmlinge zu unserem Grillplatz. Jeder bringt etwas zu Essen mit, es gibt Fleisch, Salat, und Fisch. Ich lerne, dass man Auberginen grillen kann und wie man aus Champignons ganz einfach eine Delikatesse macht. Außerdem weiß ich jetzt, dass gegrillter Schafskäse viel leichter schmeckt als das Original.

Wir essen, unterhalten uns und lachen viel. Die Gruppe ist groß, wir sind fast 15 Leute, davon drei Kinder, die natürlich Muscheln sammeln und flache Steine auf dem Wasser springen lassen. Der Grill wird drei Mal wieder angefeuert, zwischendurch holen wir uns nebenan ein Eis.

Später sitzen wir im Auto und riechen nach Knoblauch und Lagerfeuer. Ich bin müde von all der frischen Luft, dem Essen und auch von der Entspannung.

Er legt mir die Hand auf den Oberschenkel. „War doch schön, oder?“ Also will er es von mir hören. Na gut. „Ja“, sage ich, und kann mir ein Lächeln nicht verkneifen, „es war auch gar nicht so kalt.“

Er grinst zufrieden.

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