Über Kaffee

22. Dezember 2025 · 2 Kommentare

Springen wir mal gedanklich in mein Elternhaus zu den frühen 1990ern, an einen beliebigen Sonntagnachmittag. Durch die Zimmer zog an diesen Tagen regelmäßig der Geruch von frisch aufgebrühtem Kaffee, denn mein Vater trank zu der Zeit gern ein-zwei Tassen. Ich war damals ein Teenager und fand, Kaffee schmecke fürchterlich. Gleichzeitig roch er aber sehr gut. Wegen dieses halben Interesses an dem Gebräu hatte man mir einmal einen Caro Kinderkaffee geschenkt, von dem ich genau ein halbes Tässchen trank – widerliches Zeug.

Ich verband seit dieser Zeit dennoch mit Kaffeegeruch angenehme Dinge: Gemütliche Wochenenden, Freizeit, in meiner Erinnerung schien auch sofort die Sonne, sobald es Kaffee gab. Ich denke außerdem eine riesige Kaffeekanne, die mehrere Liter fasste, und die wir bei geselligen Anlässen aus dem Keller hervor kramten. Sie besaß einen großen Knopf mit Pumpmechanismus, den ich sehr gern drückte und darum bei so mancher Feier zum Kaffeelieferanten wurde.

Etwa fünf Jahre später hatte ich einen Aushilfsjob in einem kleinen Kopierladen. Der Chef trank kannenweise Kaffee, ich sah ihn selten etwas anderes trinken. An meinem Geschmack hatte sich nichts geändert, es wäre gesundheitlich auch zu früh für das Zeug gewesen. (Stattdessen trank ich dort ausschließlich Limonade, nicht viel besser.)

Weitere fünf Jahre später leistete ich meinen Zivildienst in einer Seniorenwohnanlage. Die Arbeit war körperlich und geistig anstrengend und das gesamte Kollegium trank natürlich Kaffee, manche davon literweise, so wie mein Chef im Kopierladen, außerdem rauchten die meisten. Sie waren ziemlich fürsorglich zu mir als kleinem Zivi. So hätten sie mir niemals Zigaretten gegeben, aber sie waren sich sicher, dass ich innerhalb weniger Wochen ihre Kaffeesucht übernehmen würde. Da lagen sie allerdings falsch.

Es passierte erst weitere zwei-drei Jahre später. Ich hatte mittlerweile einen Job in einer Unternehmensberatung angefangen und dort war die Arbeit auf eine ungesunde Art und Weise anstrengend. Eines Tages telefonierte ich mit einer lieben Kollegin und wir bedauerten gemeinsam unsere Wahl des Arbeitgebers, da schlug sie vor, kurz eine Pause an der Kaffeemaschine einzulegen. Ich erwiderte, ich möge keinen Kaffee, aber sie sagte: „Meinen wirst du lieben.“ Also trafen wir uns in der Küche und ich trank den ersten Latte macchiato meines Lebens. Es folgten in der nächsten Zeit viele dieser Kaffeepausen, irgendwann wurde ich in der kleinen Firma zum Kaffeebeauftragten, dem die Neubestellung der Kapseln oblag. Ein wenig fühlte ich mich zur Pumpkanne bei den Feten der 1990er zurückversetzt.

Die erste eigene Kaffeemaschine schaffte ich mir erst viel später an, da ergab sich die Chance, günstig an eine gebrauchte Kaffeepad-Maschine zu kommen. Ich trank das Zeug noch selten und unregelmäßig, irgendwann und ohne richtigen Grund verstetigte sich das mehr und mehr. Bald wechselte ich endlich den Arbeitgeber, und mit der Aufnahme in eine Kaffeerunde meiner neuen Abteilung kam dann auch die Regelmäßigkeit.

Inzwischen ist der Becher Kaffee ein festes Morgenritual. Privat trank ich ihn bereits aus Pads hergestellt, aus einer French Press, einer Kapselmaschine, einer Bialetti, als Filterkaffee und aus einem Vollautomaten. All diese Zubereitungsmethoden haben so ihre Vor- und Nachteile.

Das mit dem Ritual wirft manchmal die Frage auf, ob ich wohl süchtig nach dem Gesöff bin. Bekomme ich im Urlaub morgens aus organisatorischen Gründen keinen Kaffee, bin ich schlecht gelaunt. Tee ist scheinbar kein würdiger Ersatz, selbst wenn er schwarz oder grün ist. Letztens hatte ich im Urlaub allerdings eine Magenverstimmung und musste eine Woche auf Kaffee verzichten. Das bereitete mir erfreulicherweise keine zusätzlichen Probleme, Kopfschmerzen, Nervosität und andere Nebeneffekte blieben aus.

Darum freue ich mich fast jeden Morgen auf einen Becher, manchmal auch einen Pott Kaffee, in dieser oder jener Darreichungsform.


2 Antworten

  1. Ich fand und finde Kaffee eine ekelhafte Plörre! Spülwasser mit Farbe. Bäääh. Obwohl der Geruch von frisch gemahlenem Kaffee echt toll ist.

    Erst als ich mit Anfang 50 meine letzte Arbeitsstelle antrat, konnte mein Chef mich überzeugen. Er zaubert den absolut leckersten Cappuccino der Welt.

    Und 10 Jahre später habe ich dann meine erste eigene Espresso Maschine günstig im Aldi gekauft. Seitdem trinke ich jeden Tag eine Tasse und habe da mein eigenes Ritual entwickelt. Ein Tag ohne meinen Cappuccino kommt nur vor, wenn ich echt schwer krank bin. Was glücklicherweise sehr selten ist.


    1. Guck, so haben wir beide irgendwann und durch irgendwen den Weg zu Kaffee & Co. gefunden. Ich hatte auch mal einen Chef, der mir auf einer gemeinsamen Dienstreise im Veranstaltungszentrum täglich einen Latte Macchiato zaubern musste, weil ich mit der Siebträgermaschine nicht umgehen konnte. Da treten ja ganz neue Vorgesetztenqualitäten zutage!


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