Jubiläum: 20 Jahre Schreiblehrling

4. November 2025 · 19 Kommentare

Vor zwanzig Jahren veröffentlichte ich den ersten Blogbeitrag. Ich schaue zurück, zitiere meinen ersten Text, überlege, was sich in der Zeit geändert hat und frage mich, wo es mich hinzieht. (Spoiler: nirgendwo hin.)

Am 4. November 2005 veröffentlichte ich meinen ersten Blogbeitrag, damals noch beim Anbieter Blog.de. Ich hatte über diese Weblogs gelesen und da ich gerade wesentlich Wichtigeres zu tun hatte, freute ich mich über eine Ablenkung:

Herrje, wie bin ich hier denn hin geraten? :-) In der P.M. Fragen und Antworten hab ich gelesen, dass es Blogs überhaupt gibt. Und dabei dachte ich, ich würde mit der Zeit gehen (zum Glück haben auch meine Kollegen auf der Arbeit das gleiche Bild von mir *hehe*).

Tja die Seite hat mich interessiert und hier isses – mein Weblog. Oder Webblog? Oder ist das noch was anderes? Na ich hab jetzt jedenfalls keine Lust, das zu recherchieren. Was soll’s, Welt, hier bin ich *g*

Äh, und jetzt? Das legendäre weiße Blatt, dessen ersten Worte das Schwierigste beim ganzen Schreiben sein sollen, gibts hier ja nicht. Vielleicht stelle ich mich mal kurz vor:

Ich bin Thomas, komme aus Bonn, mache gerade eine Ausbildung zum Kaufmann für Bürokommunikation und werde – drückt mir die Daumen – die auch Ende Januar 2006 abgeschlossen haben. (…)

Ab morgen habe ich Lernurlaub bis zur ersten Prüfung am 23.11., kann mich also voll und ganz dem Stoff widmen. Wääh das wird toll, lernen von morgens bis abends! Ich freu mich schon darauf, Stunden um Stunden gebeugt über dem Tisch zu sitzen und auf dem Taschenrechner herum zu tippen, während ich mal wieder eine Aufgabe in Rechnungswesen nicht verstehe.

Was hilft da besser als eine kleine Ablenkung? Na wollen mal sehen, ob ich in der Lage bin, seitenweise Monolog-Chat zu führen. Aber hey, ich bin für Kommunikation, also kommentiert meine geistigen Ergüsse bitte, bin ja für alles offen *g*

Blog.de gibt es nicht mehr. Seinerzeit steppte – in meiner kleinen Welt – dort aber der Bär. Innerhalb weniger Tage war ich voll und ganz in dem sozialen Netzwerk aus Blogs angekommen. Natürlich nannte man das damals noch nicht so, denn es gab ja nicht mal Twitter, selbst Facebook war hierzulande weitestgehend unbekannt. Wir schrieben kurze und längere Einträge, kommentierten fleißig gegenseitig und man traf sich sogar auch mal persönlich, obwohl wir natürlich über Deutschland verteilt waren.

Auf der Startseite gab es eine Übersicht, auf der die letzten Beiträge plattformweit sowie aus den näher bekannten Blogs anderer User aufgelistet wurden. Es gab sogar ein Leaderboard, auf dem nach irgendeiner seltsamen Berechnungsgrundlage die besten Blogs gekürt wurden. Ich schaffte es einmal auf Platz 3 und weiß seitdem, dass die Plattform klein gewesen sein muss. Es genügte jedenfalls, einfach auf der Seite herum zu hängen, neue Beiträge und Menschen kamen von ganz allein in Sicht. Damals waren Algorithmen wie dieser natürlich noch nicht so kaputt wie sie es jetzt sind.

Die vielen einzelnen, frei in der Onlinewelt schwebenden Blogs, die es heutzutage gibt, machen das Auffinden zwar etwas aufwändiger, man muss den Feedreader eben selbst bestücken, aber das macht sogar Spaß. Zusätzlich übernehmen Initiativen wie der UberBlogr Webring die Funktion eines neutralen Empfehlungsalgorithmus. Eine gesunde Community funktioniert heute also anders als damals, das Schreiben macht aber genauso viel Spaß.

Inzwischen habe ich etwa 550 Blogeinträge verfasst, die etwa 900 DIN A 4-Seiten umfassen würden. Ich betrieb insgesamt fünf verschiedene Blogs, wobei ich diesem hier am längsten treu bin. Zwei waren kurzlebige Initiativen – der eine hatte nur ein paar Beiträge und die Texte des anderen gingen nie online. Es gehört dazu, Dinge auszuprobieren und sie bei Bedarf wieder zu verwerfen. Statt mich zu grämen, dass ich die Ideen nicht weitergeführt habe, freue ich mich über das, was ich dabei gelernt habe.

So! Und wie geht’s weiter? Das ist das Schöne an Hobbyprojekten! Ich habe keine Ahnung, brauche und will sie gar nicht haben – wir werden es erleben. Danke euch fürs Lesen und Kommentieren!

Ach, und falls sich jemand gefragt hat: Die Abschlussprüfung bestand ich, sogar sehr gut. Das wird natürlich maßgeblich an der Zerstreuung zwischen den Lerneinheiten gelegen haben…


19 Antworten

  1. Wow, der erste Blogpost ist wahrhaftig ein Kind seiner Zeit – in zweierlei Dingen: Wie schön, dieses noch ernst gemeinte *g* zu sehen (dafür fühle ich mich heutzutage zu alt *heul*), als auch dieser sehr jugendliche Monolog noch (Wääh, das wird toll, lernen von morgens bis abends!).
    20 Jahre – eine große Zahl! Beste Glückwünsche zu diesem Bloggeburtstag! Und man könnte glatt meinen, dass es nicht so schwer ist … einfach Spaß haben – nicht mehr und nicht weniger.


    1. Vielen Dank für die Glückwünsche! Ich muss zugeben, dass mich die vielen Sternchen in dem Text beim Veröffentlichen leicht peinlich berührten, aber so schrieb ich damals nun mal. Wie du sagst: Wir reden von 2005, *lach* und *grins* waren ganz normal. ASCII-Emojis reichten uns nicht, GIF-Emojis waren nicht überall verfügbar, die Lösung war *heul*. Ums jugendliche Monologisieren, ganz frei, beneide ich mein früheres Ich hingegen manchmal. Es liest sich einfach viel nahbarer.

      Ansonsten? Jawoll, schwer ist das nicht! Einfach Spaß haben *hehe*


  2. Herzlichen Glückwunsch! Das ist doch mal eine runde Angelegenheit! Deinen Blog habe ich erst vor kurzem gefunden, über die angesprochene „Community“. Irgendwo warst du verlinkt.

    Wann ich genau damit angefangen hatte, könnte ich gar nicht mehr genau sagen. Weiß nur noch, dass meine Anfänge bei myblog gelegen sind. Gibt es glaube ich auch nicht mehr.


    1. Danke dir! Und schön, dass du hierher gefunden hast.

      Myblog hatte ich noch nie gehört, es gibt nicht mal einen Wikipedia-Eintrag, aber ein paar alte Einträge dazu in Foren. Das scheints wirklich nicht mehr zu geben.


  3. Gratuliere zum Blog-Jubiläum! 20 Jahre sind eine enorm lange Zeit. So lange halten nicht viele durch. Mach weiter so :)
    Feedreader selbst bestücken ist ohnehin das beste. Wüsste nicht wie ich mich ohne meinen Feedreader organisieren würde. Vielleicht meine wichtigste Web-App überhaupt.


    1. Danke dir! 20 Jahre sind lang, aber ich hatte natürlich nie vor, so lange zu bloggen. Wenn man es ohne Zielvorgabe macht, ist es ganz einfach :)
      Ohne Feedreader wäre mein Medienkonsum auch sehr viel eingeschränkter… Feeds sind völlig unterschätzt.


  4. Glückwunsch zum Bloggeburtstag und auf viele weitere Jahre.


    1. Danke dir, John, wollen’s hoffen! :D


  5. Lieber Thomas,
    Herzlichen Glückwunsch zum Zwanzigjährigen! Damit ist dein Blog zwei Jahre älter als meins. Ich freue mich darauf, weiter von dir zu lesen, und ein Bloggertreffen im kleinen Kreis bekommen wir auch wieder hin.
    Viele Grüße
    Carsten


    1. Lieber Carsten, danke dir! Dann hast du ja auch bald Jubiläum, sehr schön. Ein kleines Bloggertreffen wäre schön, vielleicht diesmal sogar länger als die spontanen anderthalb Minuten neulich in der Stadt, obwohl die auch witzig waren.
      Viele Grüße, Thomas


      1. Mach gerne einen Vorschlag. Vielleicht ein gemeinsamer Sonntagsspaziergang mit Einkehr.


  6. Glückwunsch zu so viel Ausdauer.
    Ich habe meine ersten Blogbeiträge geschrieben, als Yigg und Webnews bzw. Social News das neue „heiße Ding“ waren.
    Vieles und viele sind aus der Zeit nicht mehr über.
    Und selbst habe ich auch knapp 20 Jahre Pause gemacht.


    1. Danke dir! Yigg musste ich erstmal nachschlagen, das ist völlig an mir vorbei gegangen. Ich war seinerzeit auf StudiVZ, wobei man dort nichts schrieb, sondern sich nur der Registrierung wegen registrierte.


  7. Herzlichen Glückwunsch. Das ist ne verdammt lange Zeit, in der ja mit schöner Regelmäßigkeit Bloggen totgesagt wurde, was für viele Kolleginnen und Kollegen gewissermaßen auch stimmt. So wie für Bloggerstammtische, -Clubs, -Stöckchen, -Paraden, -Awards und jeder Menge anderer Vernetzungsaktionen.


    1. Danke! Es ist abgedroschen, aber „Totgesagte leben halt länger“. Mein Eindruck ist, dass die unkommerziellen, nicht von Techgiganten geführten Ecken des Webs schon immer wichtig waren, aber insbesondere in diesen Jahren eine enorme Bedeutung erhalten. Zusammen mit all den kleinen Vernetzungsmöglichkeiten.


  8. Hört hört.

    Dann gratuliere ich doch recht herzlich und nehme dein Durchhaltevermögen als Ansporn, es dir gleich zu tun.

    Ich wünsche weiterhin viel Freude dabei, das Internet mit Buchstaben aufzuwerten! ;)


    1. Danke dir! Das Internet mit Buchstaben aufwerten klingt schön. Am Ende ist es das, was wir freien kleinen Blogger in unserer Ecke des Netzes machen.


  9. Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum und zum so lange Durchhalten. Ich weiß aus eigener Erfahrung, daß das nicht immer einfach ist. ;)


    1. Danke dir! Es gibt wirklich so Phasen, nicht wahr, in denen man aus dem Mitschreiben gar nicht raus kommt, und dann wieder Zeiten, in denen richtige Flaute herrscht. Aber das ist wahrscheinlich ganz normal. Ein Glück, dass wir das hier nicht für Geld machen, sonst müssten wir uns ständig künstlich was aus den Fingern saugen.


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