Über Schreibsoftware und Treppenstufen

Was steht am Anfang – Papier und Stift oder der Gedanke? Weniger theatralisch habe ich mir diese Frage schon einige Male gestellt, und zwar so: Wenn ich mir eine ganz großartige und tolle Software zum Schreiben besorge, werde ich dann ganz großartige und tolle Texte produzieren? Oder brauche ich erst einmal ganz großartige und tolle Gedanken, die dann den Kauf solch einer Software rechtfertigen?

Neulich las ich im Kieselblog von Ulysses, einer Schreibsoftware, die Blogeinträge sogar direkt veröffentlichen kann. Also warf ich meine vorsichtigen Überlegungen über Bord und griff direkt einmal zu. Der Zeitpunkt ist nämlich günstig: Ich habe gerade Urlaub und das scheint ein guter Zeitpunkt zu sein, ein paar Schritte in dieser App zu wagen.

Apropos Schritte: Sechzehn Stufen hatte die Treppe in meinem Elternhaus. An der Decke des Treppenhauses waren Holzdielen angebracht und dort hing ein großer Kronleuchter. Ich ging diese Stufen täglich so häufig hoch und runter, dass ich noch heute am Rhythmus meiner Hausschuhe zählen kann, wie viele Stufen es waren. Je nachdem, ob ich die Treppe hinauf oder hinab ging, war der Rhythmus zu Beginn langsamer oder erst zum Ende hin, denn die Treppe wand sich oben um 180 Grad um die Kurve.

Viele Jahre nach unser aller Auszug hatte ich die Chance, das Haus nochmal zu betreten. Die Treppe gab es immer noch, und beim Gang nach oben genoss ich den Rhythmus meiner Schuhe und zählte insgeheim mit: Die ersten acht Stufen am Stück, danach die zweite Hälfte vorsichtig um die Kurve. Auch die Holzdecke gab es noch.

An das Treppenhaus meiner ersten eigenen Wohnung erinnere ich mich hingegen überhaupt nicht, ich weiß nicht einmal mehr, ob es dort Fenster gab. In dem großen, hässlichen und unpersönlichen Hochhaus voller seltsamer Menschen wollte ich mich aber auch möglichst kurz aufhalten und immer nur schnell in die Wohnung. Schade eigentlich.

Bei einem meiner Arbeitgeber gab es ein wunderbares Treppenhaus. Das Unternehmen befand sich in einer alten Villa und hatte knarzende Stufen aus Holz. Selbst wenn niemand darüber ging, knackten sie ab und zu, es war nie ganz still in dem Haus. Über die Stufen war ein heller Läufer gespannt, was sehr edel aussah. Als ich mir eines Tages eine stark blutende Wunde zuzog, achtete ich sehr darauf, nur auf das Holz zu tropfen und nicht auf den Läufer. Prioritäten.

Geländer nutze ich an Treppen so gut wie nie. Außer, mich trifft ein Hexenschuss oder die Knie schmerzen. In diesen Momenten werden Geländer essenziell zur Fortbewegung. Ich nehme an, diese Erfahrung werde ich mit zunehmendem Alter häufiger machen. In meiner aktuellen Wohnung gibt es eine recht steile Treppe und ich habe mir angewöhnt, hier immer das Geländer zu benutzen, denn ich will nicht in den Vorratsraum daneben stürzen. Das wäre später zwar vielleicht eine lustige Anekdote, aber man muss ja nicht alles mitmachen.

Was übrigens nicht für Schreib-Software gilt: Dort sollte man möglichst viel mitmachen, denn erst Testphasen können zeigen, welche für die eigenen Bedürfnisse am besten passt. In diesem Sinne!

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