Für Stress hab ich grad‘ echt keine Zeit!

Als ich diesen Spruch neulich twitterte, war das nur aus dem Ärmel geschüttelt, ohne viel darüber nachzudenken. Allerdings folgte eine – für meine Verhältnisse – große Resonanz, weshalb ich darüber noch ein paar Mal nachdachte. Entstanden ist der Tweet aus einem „ich hab viel zu tun, will mich davon aber nicht beeinträchtigen lassen“-Gespräch mit einem Freund. Ich habe mir aber nun die Frage gestellt, was es eigentlich heißt, sich für Stress keine Zeit zu nehmen. Der Gag daran ist ja offensichtlich, aber es steckt mehr dahinter.

Was ist denn überhaupt stressig? Zuerst einmal sind für die Menschen unterschiedliche Dinge auch ganz unterschiedlich stressig. Für mich sind beispielsweise Bewerbungsgespräche stressig, Autofahren dagegen überhaupt nicht. Ich werde auch nicht nervös, wenn mein Vorgesetzter mich zu sich ruft, dafür stehe ich aber unter Strom, wenn zu viel Arbeit ansteht. Es mag Leute geben, die fahren ungern Auto, aber sie langweilen sich bei Personalgesprächen. Jeder hat also seine eigenen Stressbereiche – natürlich mit Überschneidungen. Wer wird schon bei der Geburt des eigenen Kindes die Ruhe bewahren können…

Auf dauerhaften Stress reagiert man körperlich und wird krank. Das ist leicht einzuordnen und meist auch schnell wieder abzustellen. Warnsignale des Körpers sind aber manchmal nötig, um wieder auf den Teppich zurück zu kommen (abgesehen davon verringert Stress die Lebenserwartung). Ziel einer eigenen „Stresstherapie“ sollte es also sein, den negativen Disstress zu verringern.

Und genau das sollte mein Tweet bedeuten: Ich habe keine Lust, mir unnötig Stress zu machen, das Leben ist sowieso schon voll genug. Die Dinge, die ich im Büro erledigen muss, werden wohl pünktlich fertig, zur Not müssen eben Überstunden gemacht werden. Aber gerade die werden mit einem gemütlichen Kaffee und einem langen Blick aus dem Fenster eingeläutet. So auch nach der Arbeit: In der Weiterbildung ist gerade Klausurenphase, wenn ich also nicht arbeite, bin ich entweder in der Schule oder ich lerne. Aber doch bitte ohne Druck.

Manchmal habe ich das Gefühl, dass Menschen – mich eingeschlossen – viel zu selten einmal kurz anhalten und sich auf das Wesentliche konzentrieren. Lohnt sich der Grund für meinen kurz bevorstehenden Wutanfall eigentlich? — Ist es wirklich entscheidend für mein weiteres Leben, ob ich heute Person A oder Person B treffe… oder ob ich einfach zu Hause bleibe und den Film schaue, den ich schon so lange sehen will? — Es ist hier nicht aufgeräumt, aber dafür bin ich ausgeschlafen.

An einigen Stellen stolpert man doch immer wieder über Beispiele, die einem die Einfachheit des Lebens vor Augen halten. Herrje, dann sind halt die Blumen auf dem Balkon im Winter eingegangen, na und? In Erde wühlen ist sowieso gut für die Seele. Aber auch Dinge mit größerer Tragweite lassen sich auf das Wesentliche kürzen: Ein Autounfall ist dann nicht schlimm, so lange es nur ein Blechschaden ist. Deshalb Geschäftstermine verpasst? Dafür lebt man aber noch – statt einem Grund für Stress also eher ein Grund zur Entspannung und einem großen Eis in der Sonne.

Denkst du gerade, dass ich nicht mehr alle Nadeln an der Tanne habe? Dann sprich doch einmal mit einem Menschen, der ein wirklich schlimmes Schicksal erfolgreich hinter sich gebracht hat: eine Krebserkrankung zum Beispiel. In Sachen „das Leben leben“ und „wissen, was wirklich wichtig ist“ wird er wahrer Meister sein. Bei so jemanden ruft der tobende Chef, der seinen Kaffee über die neuen Unterlagen geschüttet hat, doch allenfalls ein mitleidiges Lächeln hervor.

Ich rufe also dazu auf, öfter anzuhalten und sich kurz zu überlegen, wie man sich gerade fühlt. Ist da Stress im Spiel? Lohnt sich das? Oder sind eigentlich andere Dinge wichtiger? Ich kann dir versprechen, dass das gut tut. Du wirst viel eher merken, wie unwichtig im Vergleich zu deinem restlichen Leben Dinge wie eine Grippe, die verpatzte Klausur und sonstige Geschichten sind, die anfangs riesengroß erscheinen aber nach einer gewissen Zeit verblassen und nicht mehr sind als… Vergangenheit.

Es kann so gelassen zugehen. Mach mit – und lebe länger.

Männer in Frauenklamotten

Ist es eigentlich weit verbreitetes Stereotypendenken, Schwule würden sich gerne wie Frauen anziehen? Ich habe keine Ahnung, fürchte aber, dass dieses völlig unzutreffende Detail viel öfter, ich nenne es mal „erwartet“ wird, als es dann tatsächlich doch der Fall ist. Dass der CSD in keiner Weise aussagekräftig für den Durchschnittsschwulen ist, wird jeder wissen, der sich die Thematik ein Mal vor Augen geführt hat. Trotzdem kommt es hin und wieder vor – und das nicht nur bei Schwulen – dass sich Männer in Frauenklamotten werfen und anders herum.

Diese Geschichte handelt von einer Zeit, in der ich noch gar nicht bewusst auf Männer gestanden habe. Ich war mit meiner damaligen Freundin, meinem Bruder und einer weiteren Freundin bei Verwandten in der Bretagne. Die Gegend ist wunderschön, das Grundstück, auf dem wir zelteten, liegt zwei Meter vom Meer entfernt und durch die „Trilingualität“ mit Deutsch, Französisch und Englisch konnte ich alle drei Sprachen plötzlich gleich gut bzw. schlecht.

Eines Abends beschlossen wir, in eine Disco zu fahren. Das Besondere: Frauen hatten freien Eintritt. „Und Männer, die wie Frauen angezogen sind. Das machen wir natürlich!“ eröffnete uns mein Cousin fröhlich. Er ist wohlgemerkt hetero, und die anderen, die mit wollten, verschwendeten an Nebensächlichkeiten wie die sexuelle Orientierung ebenfalls keinen Gedanken. Hier ging es einzig und allein um den Spaß an der Freude.

So ließen wir uns also von unseren Damen ausstatten: Ich bekam ein blumiges, luftig-dünnes Sommerkleid mit tiefem Ausschnitt, das weit oberhalb meiner Knie endete. Dazu gab es eine hübsche Kette. Leider hatten wir weder Perücken noch entsprechende Schuhe – und auch die haarigen Beine blieben, wie sie waren. Für Könner ist diese Verkleidung natürlich stümperhaft, aber wir kamen uns sehr weiblich vor. Leider habe ich die Fotos verlegt.

Also machten wir uns mit Röcken und Kleidchen auf zur Disco und kamen auch ohne zu Bezahlen an der Kasse vorbei. Trotzdem gingen mir beim Ankommen etwas die Augen über: Ich hatte erwartet, auf den ersten Blick nur Frauen wahrzunehmen. Aber dem war leider nicht so; die meisten Männer hatten es vorgezogen, lieber den Eintrittspreis zu zahlen. Neben zwei-drei anderen „Frauen“ waren wir die einzigen bunten Vögel auf dieser Party. Entsprechend wurden wir auch angeschaut. Und: Mir wurde an diesem Abend öfter an den Hintern gepackt als an allen bisherigen Besuchen von schwulen Etablissements zusammen! Natürlich hat sich nie jemand zu dieser Tat bekannt; immer wenn wir uns umdrehten, schauten alle sehr unbeteiligt.

Aber wir zogen es durch und hatten bei der ab und zu künstlich in Brand gesteckten Bar auch eine Menge Spaß. Wie man sich als Frau fühlt, wenn man mit den Augen ausgezogen wird, konnte ich dann noch in einer kurzen Situation erfahren: Wir hatten uns zum Abkühlen auf eine Art Balkon begeben und schauten auf die Tanzfläche herab. Der Grund, weshalb nach einer Weile einige der Tanzenden zu uns nach oben starrten und nicht mehr wegsahen, wurde uns erst kurz danach klar: Man schaute uns unter die Röckchen!

In einer Bonner Schwulenkneipe ist mir das Gefühl, mit den Augen ausgezogen zu werden, einmal viel intensiver bewusst geworden: Ich wurde im Vorbeigehen von einem Herrn an der Bar auf eine Art und Weise gemustert, die mich erschreckte. Er hatte sich auf seinem Barhocker so weit nach mir umgedreht, dass er fast vom Stuhl gefallen wäre. Liebe Frauen, seitdem weiß ich, wie sich das anfühlt, und ich kann euch beipflichten: So ein Blick hat nichts mehr mit einem Kompliment zu tun, das ist bloße Geilheit.

Unser Discoabend verlief neben diesen Hinterngrabschereien und dem mit Blicken fixiert Werden ohne Zwischenfälle. Die Show stahl uns – das entspannte für eine Weile – kurz jemand, der sich wesentlich besser heraus geputzt hatte als wir: Er trug eine schulterlange, blonde und lockige Perücke mitsamt kompletter Frauenausstattung bis hin zu passenden Stiefeln und tanzte auf einem Tisch.

Die Wahrheit über Darkrooms

Kennt ihr das? Dieses diffuse Gefühl, das einen bei dem Wort überkommt? Darkroom. Huuuuh. Da könnte ja alles passieren. Vor allem aber ganz viele, fiese Geschichten, da sich dort ja der Abschaum der Gesellschaft trifft, um anonym möglichst viele Krankheiten weiterzugeben… Aber was ist ein Darkroom denn nun wirklich? Und ist es da ernsthaft so schlimm?

Tatsächlich kann ich mit meinen zwei Besuchen in einem Darkroom nicht auf ein alles erschöpfendes Wissen zurückgreifen, aber für mich hat sich der Schleier des gruselig-gefährlichen gelüftet. Hier geht es um nackte Männer, Sado-Maso und Sexvorlieben, die vielleicht nicht jedermanns Sache sind.

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