WMDEDGT – 5. Juni 2024

Unter „Was machst du eigentlich den ganzen Tag“, kurz #wmdedgt, versammeln sich die Tagebuchbloggenden an jedem 5. eines Monats und berichten vom Tag. Initiiert wurde das von Frau Brüllen.

Erst Mittwoch? Die Entspannung des langen Wochenendes ist schon seit Montagmittag aufgebraucht, seitdem warte ich sehnsüchtig aufs nächste Wochenende. Diese Tage sind bei der Arbeit sehr stressig und anders als sonst komme ich im Feierabend gar nicht richtig runter.

Das ist einer der Gründe, weshalb ich heute früh um fünf Uhr wach wurde und mich kurz fragte, ob ich einfach mit der Arbeit beginnen soll, ein in wachem Zustand zurecht völlig abwegiger Gedanke. Ich schlief wieder ein. Noch vor sieben Uhr klingelte mein Handy und ein gut gelaunter Liefermensch kündigte seine baldige Ankunft an. Ich freute mich.

Also hieß es, die Morgenroutine etwas zu beschleunigen. Bald brummelte es draußen, ein Hermes-LKW fuhr vor und man machte sich daran, unsere neue Waschmaschine auszuladen. Für den Aufstieg nutzten sie einen automatischen Schwerlasttreppensteiger, also ein Gerät, das wie eine Sackkarre aussieht, aber mit bis zu 200 Kilo Beladung Stufen erklimmt. Dabei machte es Geräusche, als wäre es aus dem nächstbesten Science Fiction-Film entlaufen. „Das ist ja ein cooles Teil“, kommentierte ich. „Allerdings“, meinte der Liefermensch, „wenn man’s bedienen kann!“ Dabei blickte er auf seinen Kollegen, der daraufhin verschämt zur Seite schaute. Ich hätte gerne nachgehakt.

Keine zehn Minuten später stand das neue Gerät an der Einsatzstelle und das defekte war mit den beiden Typen samt der futuristischen Sackkarre auf dem Weg nach unten, im Treppenhaus hallten die Star Wars-Raumschiffgeräusche. Ich gab derweil der neuen Waschmaschine den Namen Henry und begab mich zurück an den heimischen Arbeitsplatz.

Um 11 Uhr begann meine Pause, denn ich hatte einen Online-Therapietermin. Besser sind diese Gespräche in Person, aber es geht auch mal online. Von der berufsmäßigen Abarbeitung langer Aufgabenlisten nahtlos zum Nachdenken über die eigenen Probleme zu wechseln, fand ich heute sehr anstrengend. Ein weiterer Grund, weshalb diese Termine in Präsenz besser sind, da bringt die Fahrzeit ein wenig Ruhe rein und mit. Am Ende brach dann noch das Internet meiner Therapeutin ab und wir führten die letzten paar Minuten telefonisch weiter.

Zum Mittag gab es einen Joghurt mit ein paar kleingeschnittenen Apfelstückchen und Trauben. Anschließend bekam ich Kopfschmerzen. Ich fand das recht unverschämt, weil ich den ganzen Tag schon sehr viel Wasser getrunken hatte und meinte, mein Kopf könne sich auch mal zusammenreißen.

Zum Ende des Arbeitstags machte mir die kürzlich neu eingeführte zentrale Datenbank wegen eines Bugs einen Strich durch die Rechnung und ich musste einige Arbeitsschritte manuell durchführen – das passte alles zu meiner genervten Grundstimmung und kostete viel zu viel Zeit.

Später begann ich, Henry anzuschließen. Er stellte sich dabei etwas an und tropfte zuerst noch an Stellen, an denen er keinesfalls tropfen sollte. Dass das an mir lag, kann natürlich überhaupt nicht sein. Während der gebrauchseinleitenden Leerwäsche saugte ich die Bude, stellte die für die Lieferung beiseite geräumten Möbel zurück und machte ein wohlverdientes Schläfchen, das bei den Kopfschmerzen half.

Vor dem Abendessen dann die erste Echtwäsche. Ich stand während des überraschend leisen Schleudergangs daneben. Erotikfilme, in denen die Hauptakteure die Vibrationen einer Waschmaschine für ihre Aktivitäten nutzen, müssen für Fachleute die Hölle sein, denn mir scheint: diese Geräte sind einfach sehr schlecht austariert. Normalerweise wackelt da nichts. Also, nicht die Waschmaschine.

Nach dem Abendessen gab‘s ein Eis.

Das war der Mai 2024

Kurzer Rückblick auf den Rückblick: In der Monatszusammenfassung von April schrieb ich von einem positiven Erlebnis mit Videotelefonie im Privaten. Ar Gueveur hat einen ganzen Beitrag darüber verfasst, es ist, als hätten wir uns abgesprochen.

Jetzt aber Mai. Ich frage mich da immer: ist schon Sommer? Auch dieses Jahr gab es im Mai Tage, an denen ich gar nicht so viel ausziehen konnte, wie ich wollte, und mehr als einmal war es schon am nächsten Tag anders herum. So kommen dann in der Öffentlichkeit diese witzigen Momente zustande, in denen Menschen wirklich alles tragen: von T-Shirts und kurzer Hose bis zum Wintermantel ist alles dabei und sind wir doch mal ehrlich, man kann es nur falsch machen.

Ich startete in einem luxoriösen Wellnessferienhaus in den Mai, genauer gesagt im eigenen Whirlpool auf der Terrasse mit Blick auf ein Eifeltal. Eine völlig abgefahrene Erfahrung, die ich gerne öfter machen würde, aber wer hat schon passenden Platz samt Aussicht. Wenn wir nicht im Whirlpool herumhingen (was bei Regen übrigens noch etwas toller ist als bei schönem Wetter), besichtigten wir Prüm und Bitburg, zwei kleine Dörfchen mit völlig unterschiedlichem, hm, Charme.

Wenn Menschen Deutsch lernen, kreieren sie mitunter lustige Worterfindungen. Deutsch ist wirklich schwierig, es wundert mich darum überhaupt nicht, dass aus dem Hamburger Jungfernstieg dann halt mal der Jumpensteigel wird. Oder aus dem Schloss Neuschwanstein das Neuschloss Schwanburg.

Es ist Spargelzeit und im Brauhaus steht Spargelschnitzel auf der Karte. Ich fühle mich dieser Mischung nicht gewachsen und bestelle in einem Anflug geistiger Umnachtung die Option gleich darunter: eines mit Spinat bedeckt und Feta überbacken, dazu Pfeffersoße. Ob man das noch Schnitzel nennen darf, entzieht sich meiner Kenntnis, aber weiterempfehlen würde ich dieses Durcheinander nicht.

Zwei Mal fühlte ich mich im Mai ganz besonders deutlich alt: Einmal meckerte ich darüber, dass immer mehr Menschen Albtraum mit p schrieben. Zwar empfiehlt der Duden (noch) die Schreibweise mit b, aber ich lernte, dass Albtraum mit der Rechtschreibreform 1991 als gleichwertige Schreibweise zum bisher geltenden Alptraum überhaupt erst anerkannt wurde (Wikipedia). Anders ausgedrückt: Wer wie ich dachte, Albtraum sei die seit Anbeginn der Zeit korrekte Schreibweise, der hat das Wort Anfang der 90er kennengelernt. Menschen, die Alptraum schreiben, sind jünger oder noch älter.

Das zweite Mal fühlte ich mich alt, als jemand folgendes sagte: „Danke für deine schnelle Mail. Ich war noch dabei, selbst eine aufwändige Antwort zu verfassen, da kam deine kurze und klare Nachricht schon. Ich kam mir vor wie Villabajo, ich schrubbte noch, während du in Villariba schon wieder feiern konntest.“ Erst als ich darüber lachte, erkannte ich, dass sich der Vergleich auf eine Werbung aus dem Jahr 1992 bezieht, das ist über 30 Jahre her.

Mitte Mai fand der alljährliche Lasttest der Bonner Mastodon-Instanz statt: der Eurovision Song Contest. An diesem Abend werden jedes Jahr so viele Beiträge abgesetzt, dass die lokale Bonner Installation anfangs noch in die Knie ging und die Timelines mehrere Stunden Verzögerung aufwiesen – einmal bekam ich sogar erst am nächsten Morgen beim Frühstück die letzten Benachrichtigungen vom Vorabend. Nach einigen Verbesserungen läuft das Ganze seit einigen Jahren nahezu verzögerungsfrei, was die Betreiber diesmal dazu trieb, um MEHR AKTIVITÄTEN zu bitten, um den Server mal so richtig zum Schwitzen zu bringen. Fand ich witzig.

Einige Tage später blieb morgens die Dusche kalt und es dauerte mehrere Tage, bis der Grund für eine immer wieder rausfliegende Sicherung lokalisiert und behoben werden konnte. Betroffen war das gesamte Warmwasser im Haus, also auch die Heizung. Schön, dass wir gerade Mai haben und einige der eher sommerlichen Tage anstanden, sonst wäre es schnell frostig geworden. Ich „duschte“ in der Zeit mit einem Eimer heißem Wasser aus dem Wasserkocher. Wer eine Wärmepumpe besitzt, möge regelmäßig die Umwälzpumpe kontrollieren lassen. Unsere tropfte, was sogar den Handwerker überraschte.

Bei der Arbeit fiel mir im Mai die Ankündigung größerer Änderungen zu, im Juni werden sie umgesetzt. Wir sahen uns mit einigen unzufriedenen Personen konfrontiert, die das auf sehr, wie soll ich sagen, penetrante und unsachgemäße Art und Weise kund taten. Der Mensch hat eben Angst vor Veränderungen. Meine Smartwatch meldete sich während eines dieser Termine mehrmals mit einer Warnung: „Dein Puls hat das gesetzte Limit überschritten, dein Herz schlägt zu schnell, obwohl du offenbar keinen Sport machst.“ Richtig.

Etwas später bekam meine Tagebuch-App ein Facelift und plötzlich fühlte ich mich selbst wie einer dieser Leute, die Angst vor Veränderungen haben. Das neue Design brachte zwar Verbesserungen mit sich, aber auch Änderungen, an die ich mich gewöhnen muss. Ich fragte bei Reddit, wie die anderen User darüber dachten und die überwiegende Mehrheit sagte, es gefiele ihr nicht. Die Stichprobe ist allerdings zu klein, um daraus eine echte Aussage ableiten zu können.

Außerdem meldete ich mich nach ziemlich genau drei Jahren Abstinenz wieder bei WhatsApp an. Einerseits nervt mich das, andererseits freue ich mich aber auch, wieder Kontakt zu Familienmitgliedern und Freunden zu bekommen, mit denen er beim Wechsel abgerissen war.

Gelesen habe ich im Mai auch wieder viel. In den vergangenen Monaten habe ich eine – für mich – so große Zahl an Büchern beendet, dass ich vereinzelt durcheinander komme, worin es denn in welchem Buch überhaupt ging. Ich mag den Effekt, denn zu viel lesen kann man nicht. Mein Lieblingsbuch im Mai war, denke ich, Das Leben ist gut von Alex Capus. Ein sehr ruhiges Buch, in dem gar nicht viel passiert und das mich beim Lesen entschleunigte. Hier ist meine Bewertung bei Goodreads.

Wie die Schmeißfliegen

Die Gravis-Filiale in Bonn ist seit vielen Jahren mein liebster Elektronikmarkt. 2015 wurde die Kette Apple-zertifizierter „Premium Service Provider“ und konnte offiziellen Support anbieten. Ich kaufte mehrere Geräte dort, informierte mich und machte auch ein paar Mal Gebrauch der Garantiemöglichkeiten bei Hardwareproblemen. Bald schließt Gravis wegen anhaltender Unprofitabilität und das finde ich sehr schade.

Gestern begann in der Bonner Filiale der Ausverkauf der letzten Waren. Innerhalb weniger Stunden war so gut wie alles ratzekahl leergekauft, ebenso leer waren die Gesichter derer, die zu spät gekommen waren. Dem gegenüber waren so viele Angestellte im Laden wie noch nie, und natürlich auch mehr Kunden, als ich jemals erlebt habe. „Ganz schön voll hier“, kommentierte ich mit einem Blick in die Runde, und ein Angestellter sagte nüchtern, dass sie heute so viel Arbeit hätten wie lange nicht.

Das Problem, das Gravis hat, dürfte kein Einzelfall bleiben: Sie verkaufen vornehmlich Apple-Produkte, könnten also so etwas wie eine Apple Store-Dependance sein. In vielen Städten nehmen sie bestimmt auch diese Rolle ein, zum Beispiel in Bonn, weil es hier keinen offiziellen Apple-Laden gibt. Da ist aber ein entscheidender Unterschied: Offiziellen Apple-Läden ist es schnurzpiepegal, ob sie ihre Waren vor Ort verkaufen oder online, denn sie verdienen so oder so an dem Produkt. Es ist völlig in Ordnung, wenn Kunden nur mal gucken kommen und beim Verlassen des Geschäfts auf der Apple-Seite das Produkt online bestellen. Anders bei Zwischenhändlern wie Gravis: Dort muss der Verkauf im Laden stattfinden, denn es gibt keinen besonderen Anreiz, im Online-Store einzukaufen – wenn ich eh online einkaufe, dann kann ich auch gleich den Apple-Laden besuchen (oder Amazon, wo es auch mal bessere Angebote gibt).

Und obwohl Gravis zwar ganz hübsche Ladengeschäfte hat, sieht man ihnen das Alter deutlich an, genauso wie das fehlende finanzielle Polster, das ein Unternehmen wie Apple hat. Dass Gravis vor einer Weile die Bezahlung mit Bargeld abgeschafft hat, scheint im Nachhinein wie ein Griff nach letzten Strohhalmen, um Kosten zu sparen.

Wir wurden gestern sehr schnell und freundlich bedient (bzw. darüber informiert, dass wir zu den Zuspätkommern gehörten), und das ist das Traurigste an der Geschichte: Nirgendwo sonst habe ich solch engagierte und kompetente Angestellte wahrgenommen wie in diesem Gravis. Egal, ob ich mit einer naiven oder blöden Frage daher kam, einem Garantieanliegen oder einer Reparatur, man nahm sich immer viel Zeit für mein Anliegen. So kam es auch zu längeren Wartezeiten, bis man dann an der Reihe war, aber da ich wusste, dass allen Kunden diese Aufmerksamkeit zuteil wurde, wartete ich gerne mal.

Mir schien auch nicht, dass die Angestellten unbedingt etwas verkaufen mussten. Mehr als einmal wurde mir von einem Produkt abgeraten, obwohl offensichtlich war, dass ich lieber zum Kauf überredet worden wäre. So auch gestern, als ich mir ein iPad anschaute und der Verkäufer abfällig meinte, das Gerät hätte viel zu alte Technik verbaut und einen viel zu hohen Preis, davon solle ich lieber die Finger lassen.

Ich wünsche den Gravis-Angestellten alles Gute und hoffe, dass sie bei Interesse bei der Konkurrenz Compustore eine längerfristige Zukunft finden (obwohl es mich nicht wundern würde, wenn dieser Kette das gleiche Ende bevorsteht). Wir verließen den Laden dennoch nicht mit leeren Händen: Eine Handyhülle für lächerliche 1,50 € war noch da gewesen.