Weihnachts-Geschichte

Weihnachten naht! Man sieht es nicht nur in den Läden – ich muss ja zugeben, dass ich sogar schon Gebäck gekauft habe. Mit schlechtem Gewissen natürlich. Ich stand an der Kasse und erklärte mich, doch die nette Kassiererin meinte nur: „Och, da brauchen Sie sich gar nicht schlecht zu fühlen. Sie dürfen das auch jetzt schon kaufen.“ Das tat gut.

Aber auch die Außenwelt unternimmt die ersten Anläufe, die Weihnachtszeit einzuläuten. So haben meine Nachbarn schon das Lichterkettenwettrüsten begonnen – ich muss gestehen, dass ich mich auch dazu habe hinleiten lassen, eine 160er-Kette aufzuhängen. Aber mehr wird es nicht. Ganz sicher. Ehrlich.

Außerdem fliegen einem im täglichen Leben dauernd Weihnachtsmänner oder zumindest Weihnachtsgegenstände entgegen: Nicht nur Läden, sondern auch Websites werben mit „Weihnachtsrabatten“ (obwohl das doch eher „Weihnachtsverteuerungen“ heißen müsste), Newsletter sind mit schreiend weihnachtlicher Dekoration aufgemotzt und vor ein paar Tagen wurden mir in einer geschäftlichen E-Mail bereits „besinnliche Weihnachten und ein gutes neues Jahr“ gewünscht. Außerdem, und das ist der stärkste Grund, hat der Hausmeister im Büro schon den Weihnachtsbaum aufgestellt.

Einzig und allein Petrus scheint den Herbst noch nicht loslassen zu wollen, aber den werden wir mit unseren Orangen-Zimtstern-Düften und Lebkuchen-Zuckerguss-Geschmäckern schon noch überzeugen.

Apropos Geschmäcker: Kekse. Als begeisterter Keks-Esser – je größer, desto besser – überlege ich, dieses Jahr auch mal wieder selbst zur Backschüssel zu greifen. Bei der Frage, welche Sorten ich gerne hätte, fiel mir auf, wie sehr gerade Weihnachtskekse Familientradition sind. Nicht im Traum fiele es mir ein, im Internet nach Rezepten zu suchen. Nein, es muss das handgeschriebene, Jahrzehnte alte und abgegriffene „Familienkochbuch“ her. Darin sind die Rezepte von Mutter, von Mutters Mutter und von Mutters Mutter Mutter. Auch wenn die Vanillekipferl, genau nach Überlieferung gebacken, nie so schmecken können wie bei Oma, so führe ich, wenn ich sie backe, doch ein Stück Familienkultur fort.

Nicht nur deshalb, sondern auch, weil sie einfach nur viel, VIEL besser schmecken als gekaufte, kann ich jedem ein ausgiebiges Backwochenende empfehlen. Also, heizt den Ofen an, nehmt die frisch gestärkte Familienschürze aus dem Schrank und dann heißt es ran an die Buletten, äh, an die Mehlpackung!

Die Geschichte vom hungrigen Igel

Es war einmal ein Igel, der hatte grooooßen Hunger. Immer, wenn er gerade eine frische Schnecke gegessen hatte, dauerte es nicht lange, bis sein Magen schon wieder zu knurren begann. Er dachte dann jedes Mal: „Ich habe schon wieder so groooooßen Hunger!“ Und dann machte er sich auf die Suche nach neuem Futter.

Eines Tages war er wieder einmal auf der Suche nach einer saftigen Schnecke. Es war Herbst geworden, die Blätter an den Bäumen färbten sich braun und er musste ab und zu über herunter gefallene Kastanien klettern. Das machte ihn nur noch hungriger! Mühsam bestieg er einen Stein, um eine bessere Aussicht zu haben. Die Arbeit hatte sich gelohnt, denn gar nicht so weit entfernt konnte er einen Strauch mit vielen leckeren Schnecken ausmachen. Zwischen ihm und dem Strauch lag nur ein kleiner Blätterhaufen.

Da der Igel zu hungrig (und auch ein bisschen zu faul) war, um den Blätterhaufen herum zu laufen, beschloss er mutig, durch ihn hindurch zu gehen. Vorsichtig machte sich an den Abstieg des Steins und lief so schnell er konnte auf den Blätterhaufen zu. Denn er war nun durch die harte Arbeit schon ganz besonders hungrig geworden und wollte schnell etwas essen. Als er den Blätterhaufen erreichte, überlegte er kurz, ob er eine Pause machen sollte – er war ganz außer Atem. Aber der Hunger war nun so grooooß, dass er sofort in die Blätter lief, mit seiner spitzen Nase zuerst!

In den Blättern war es weich und wohlig, nicht so windig und wirklich sehr gemütlich. „Wenn ich nicht so einen Hunger hätte“, dachte der kleine Igel, „dann würde ich mich hier für ein kleines Nickerchen niederlassen“. Doch was war das? Plötzlich stieß er mit seiner Nase an etwas hartes. Irgendwoher kannte er den Geruch, aber er wusste nicht sofort, was es war. Außerdem hörte er ein Grummeln. „Ob das mein Bauch ist?“, fragte er sich. Doch das Grummeln wurde lauter und dann hörte der kleine Igel eine Stimme: „Wer stört mich bei meinem Nickerchen?“ Der kleine Igel war ganz verdutzt. Wen oder was hatte er denn hier getroffen? „Ich, äh“, stotterte er, „wollte zu den Schnecken gegenüber.“ – „Dann bist du hier falsch“, sagte die Stimme und es raschelte in den Blättern. „Warte, ich zeige dir, wo sie am besten schmecken.“ Die Stimme entfernte sich. „Folge mir!“

Der kleine Igel war ganz verdattert. Da hatte er im Blätterhaufen zufällig jemanden getroffen, der ihm die besten Schnecken zeigen würde? „Hoppla, schnell hinterher!“, dachte er, und lief so schnell er konnte durch die feuchten Blätter hinter der Stimme her. Nach kurzer Zeit erreichte er das Ende des Haufens und stand vor dem Schneckenbusch. Davor wartete ein Igelmädchen. Sie lächelte ihn an: „So siehst du also aus!“ Der kleine Igel schämte sich ein bisschen, dass er sich nicht für sie hübsch gemacht hatte, und deshalb wurde er rot. „Ja…“, sagte er, „ich bin auf der Suche nach Schnecken.“ Etwas besseres fiel ihm nicht ein, obwohl er seinen großen Hunger gerade ganz vergessen hatte. Das Igelmädchen sagte: „Du bist ja niedlich! Ich weiß, wo die besten Schnecken sind und habe auch ganz groooooßen Hunger. Lass uns gemeinsam essen gehen und dann machen wir es uns in meinem Blätterhaufen gemütlich. Hast du Lust?“ Der kleine Igel strahlte vor Freude und rief: „Ja! Ja! Das wäre schön!“

Und so geschah es. Die beiden kuschelten sich nach einem ausgiebigen Essen im Blätterhaufen aneinander und hielten ein langes Nickerchen, etwa bis zum Frühling. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben und essen sie noch heute glücklich und zufrieden miteinander.

Ein Tag am Meer

Dieser Tage war ich mal wieder in den Niederlanden. Wozu fährt man als Nordrheinwestfale dorthin? Entweder zum Shoppen im Designer Outlet Center in Roermond, zum Einkaufen in einem der großen Albert Hejn-Supermärkte oder für einen Tag am Meer.

So sollte es dieses Mal also das Meer sein – aber anders als sonst. Ganz anders! Freunde wollten zu einer bestimmten Stelle auf einem Inselchen fahren, von dem sie gehört hatten, es wäre reich an Austern. Also packten wir Schraubenzieher, Hammer, Gummistiefel und -handschuhe sowie einen voll ausgestatteten Grill ein und um 7 Uhr ging’s los. An einem Wochenende!

Wenn man auf Austernjagd geht, muss man Ebbe und Flut mit bedenken (auch wenn es keine großen Unterschiede sind, so geht das Wasser bei „Ebbe“ doch ein Stück zurück). Pünktlich zum Niedrigwasser erreichten wir den steinigen Meeresarm und während ich nur herumstand und zuschaute, warfen meine eifrigen Fischersfreunde an Kordeln befestigte Fleischstücke ins blicktiefe Wasser.

Zunächst war es aber spannend, zu sehen, wie Erwachsene Menschen plötzlich mit geradezu kindlichem Eifer Schraubenzieher und Hämmerchen zückten und sich zwischen den Steinen im seichten Wasser an die Arbeit machten. Ein bisschen Hauen hier, ein paar mal Stoßen da, schon ist eine Auster abgelöst. Ab zur nächsten. Innerhalb kurzer Zeit füllten sich auf diese Art Bottiche, Eimer und Tüten mit Dutzenden von Austern. Plötzlich dann Aufregung an den Kordeln: Eine Krabbe hatte angebissen! Die Schalentiere mochten unser Fleisch wie Motten das Licht. Und so konnten wir mit vereinten Kräften und einem Köcher viele mittlerer und großer Krebse in einem Eimer sammeln. Die kleinen warfen wir zurück ins Meer – sie sollten gerne das Fleisch essen und in ein paar Wochen andere Fischer erfreuen.

Während die anderen sammelten, machte ich mich an den Grill. Trotz dem in den Niederlanden obligatorischen Wind und sogar einem kurzen Regenguss glühten die Kohlen nach einer Weile weiß und rot. Und dann? Die Austern wurden in ihrer Schale auf den Rost gelegt. Andere wiederum wurden aus ihrem Haus geholt, mit einer Soße aus Gewürzen und starkem Alkohol vermischt und ebenfalls gegrillt. Die ganz Mutigen aßen die Austern sogar roh aus der Schale (während ich als Nicht-Fischesser mir ein paar Bratwürstchen machte).

Während des Essens konnten wir mehr und mehr Krebse fangen. Die würden allerdings nicht auf dem Grill bleiben und mussten deshalb später verschenkt werden. Denn wir waren nicht die einzigen Sammler, nein, mehrere andere Familien sammelten ebenfalls und man half sich gegenseitig mit Köcher und Brotstückchen für eine Angel aus.

GrillWährend wir am Grill saßen, hatte ich Zeit für ein kleines Gedankenspiel: Die Austern leben und wachsen auf den Steinen, denken an nichts Böses, bis dann plötzlich ein Hammer kommt und sie abschlägt. Ehe sie es sich versehen, liegen sie auf dem Grill oder in einer Transportbox. Der Mensch als „höheres Wesen“ beschließt über ihr weiteres Schicksal. Was, wenn uns Menschen das eines Tages genau so ergeht? Wenn wir eigentlich nur naive Lebewesen auf einer riesigen „Austernfarm“ sind und irgendwann der Zeitpunkt der Ernte gekommen ist?

Aber zurück in diese Welt. Auch wenn das der mit Abstand schrägste Ort ist, an dem ich je gegrillt habe, und auch wenn das der untypischste Besuch in den Niederlanden war, den ich je unternommen habe: Es hat Spaß gemacht. Zu versuchen, die Krebse zu fangen, das Leuchten in den Augen der erwachsenen Kinder zu sehen und natürlich das Grillen selbst. Ein Tag Urlaub.